„Mit Daten wird Fundraising besser“

Thomas Jahnke beschäftigt sich seit mehr als 13 Jahren mit dem Thema Daten und Datenanalyse. Seit mehreren Jahren ist er auch im Fundraising unterwegs und Referent an der Fundraising-Akademie. Wir sprachen mit ihm über die Lust an der Database und über Künstliche Intelligenz.

Warum beschäftigen Sie sich mit Datenanalysen?

Ich bin ja eigentlich gelernter Betriebswirt. Dort hat man schon früh erkannt, dass man auf Daten setzen muss, wenn man wirklich Antworten auf betriebswirtschaftliche Fragen haben möchte. Diese Idee, fachliche Fragestellungen mittels Datenanalysen zu beantworten, hat mich fasziniert. Dabei war Statistik am Anfang gar nicht so meins. Aber wenn man das dann wirklich mal ein, zwei Semester gemacht hat, dann merkt man wirklich: ‘Wow, das ist ja eine ganz andere Welt, die sich da auftut!’ Bei dem Thema bin ich dann geblieben.

Viele Non-Profit-Organisationen wollen ihre Spenderinnen und Spender besser verstehen. Das wäre ja so eine Fragestellung. Wie datengetrieben ist denn das Fundraising eigentlich?

Da gibt es sicherlich größere Unterschiede. Man darf nicht alle über einen Kamm scheren, aber da ich auch in der Privatwirtschaft Projekte berate, kann ich es zumindest damit vergleichen. In einem aktuellen Projekt einer Firma treffe ich beispielsweise auf ein Team von 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich nur um das Thema Business Intelligence, Data Warehouse, datenanalytische Daten kümmern. Das ist eine ganz andere Welt! Man geht da mit einem ganz anderen Volumen rein. Da werden ganz andere Kapazitäten freigemacht als im Fundraising. Dort wird das Thema leider oftmals noch sehr stiefmütterlich behandelt. Man hat vielleicht eine Person, die sich darum kümmert oder man gibt es an ein externes Datenmanagement. Aber das Potenzial von Datenanalyse und Reporting für Entscheidungen in der Organisation wird meiner Meinung nach nicht ausgeschöpft. Da gibt es noch viel, viel Bedarf aufzuholen.

Andererseits scheint das Thema Donor Journey und Personas bei den Organisationen ja angekommen zu sein. Jetzt sprechen wir sogar über KI-gestützte Analysen. Sind denn die Non-Profit-Organisationen wirklich schon bereit dafür?

Das ist der Punkt. Ich finde es wichtig, dass man bei Trends, auch Dinge ausprobiert. Dass man jetzt nicht sagt: ‘Ah, KI! Da sind wir noch nicht so weit. Das ist nicht unser Ding.’ Ich empfehle, sich das anzuschauen. Das ist ganz, ganz wichtig. Aber es fehlt oftmals noch an den Basics. KI ist gut und schön und wird unsere Arbeitsweise sicherlich verändern. Man kann es sich so vorstellen, wie ein kleines Helferlein nebenher, das viele Aufgaben übernehmen wird. Aber ich kann das Potenzial nicht voll ausschöpfen, wenn die Daten gar nicht verfügbar sind, die ich dafür brauche. Wenn ich teilweise nicht mal weiß, was ich für Daten habe. Viele müssen am Fundament arbeiten, und das ist eine Datenstrategie und eine Datenbank die das abbilden kann.

Die Erwartungen bei KI scheinen immens zu sein. Teilen Sie diese Erwartungen?

Es ist wirklich schwierig vorherzusagen, wie sich das entwickeln wird. Da gibt es Experten, die sind sehr optimistisch. Die gehen von so einem Superzyklus aus, der gerade begonnen hat und denken, dass sich immer mehr automatisiert und immer mehr die Maschine macht. Und es gibt Personen, die das alles ein bisschen pessimistischer sehen. Ich glaube, im Fundraising ist es wichtig, dass weiterhin der Mensch im Mittelpunkt steht, und dabei denke ich nicht nur an die Spenderinnen und Spender, sondern auch an die Teams in den Organisationen. Die Frage ist: Wie können wir intern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal mit diesen KI Tools unterstützen? Und was braucht es draußen? Was brauchen die Menschen, die uns unterstützen wollen? Es geht nie darum, jemanden zu ersetzen, sondern es geht immer um ein Wir. Statt ersetzen geht es um unterstützen, davon bin ich überzeugt.

Teilen Sie den Eindruck, dass das Thema Data Base aber bei den meisten Fundraiserinnen und Fundraisern eher unbeliebt ist?

Ja, aber woran liegt es denn, dass es nicht so beliebt ist? Liegt es daran, dass andere Themen als wichtiger angesehen werden? Liegt es daran, dass es als zu komplex und teuer wahrgenommen wird? Ich glaube, dass der Erfolg von Datenanalysen einfach unterschätzt wird. Hier ist es wichtig, eine mittelfristige oder langfristige Sicht zu berücksichtigen. Datengetriebenes Arbeiten bringt mir über einen längeren Zeitpunkt so viele Effizienzvorteile, dass es einfach wichtig ist, da langfristig zu denken. Und deshalb muss man jetzt Investitionen tätigen und das Thema priorisieren, um langfristig zu profitieren.

Fehlt es an Verständnis für diesen Zusammenhang zwischen Erfolg und Daten?

Es kann sein, dass dieses Thema immer etwas abstrakt wirkt und es an Datenverständnis fehlt. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, was die Use Cases, also Fallbeispiele sind, die am Ende einen Mehrwert bringen. Warum erfasse ich denn Daten? Aus Selbstzweck? Wohl eher nicht. Um beispielsweise eine Bindungsstrategie im Fundraising umzusetzen wohl schon eher.

Was wäre so ein klassischer Use Case?

Ich habe beispielsweise ganz viele Paten und bemerke eine hohe Kündigungsrate bei den Patenschaften. Das ergibt eine einfache Analyse. Wenn ich es jetzt schaffe, die Kündigungsrate um nur ein paar wenige Prozentpunkte zu senken, dann stellt das eine enorme Einnahmesicherheit her. Ich spare sogar künftig Geld, weil ich weniger Geld für die permanente Neugewinnung ausgeben muss. Es gibt so ganz viele Beispiele, die ich einfach durchrechnen kann, die mir schnell den Wert von Daten vor Augen führen.

Schnelle Erfolge sind natürlich etwas für Vorstandsklausuren.

Genau, das kann schnell zu Erfolgen führen. Deshalb empfehle ich, sich mal seine Daten anzusehen. Was gab es denn da für Bewegungen in letzter Zeit? Konnte ich viele Menschen dazugewinnen? Wo sind denn die Kündigungen gewesen? Welche Kanäle funktionieren gut, welche nicht? Man nennt das eine deskriptive Betrachtung. Danach kann man dann auch komplexere Fragen stellen. Zum Beispiel: Wie schaffe ich es, dass zukünftig meine regelmäßigen Spender nicht wieder nach drei Monaten kündigen?

Das Problem dabei ist die Vergleichbarkeit. Wie soll man wissen, ob eine Kündigungsrate von zehn oder 20 Prozent gut oder schlecht ist?

Natürlich braucht es Kennzahlen, die man durch Benchmarking gewinnen kann, also den Vergleich mit anderen Organisationen. Ich weiß, dass viele Organisationen sich davor scheuen, weil sie Angst haben, Daten und Wissen preiszugeben. Aber aus meiner Erfahrung ist das, was man dann daraus gewinnt, wenn man sich mit anderen vergleicht, viel wertvoller. Es bietet so viele Möglichkeiten für Optimierungen, dass das auf jeden Fall lohnt. Auch in der Privatwirtschaft ist Benchmarking ein ganz großes Thema. Der zweite Punkt ist testen, testen, testen. Wie bei dem Beispiel mit der Kündigungsvermeidung. Hier muss ich Maßnahmen in kleineren Gruppen testen und die Ideen mit den positivsten Ergebnissen dann auf die große Gruppe übertragen.

Sie sind auch beim Database-Kurs an der Fundraising Akademie als Referent mit dabei. Welche Themen vertreten Sie dort?

Ich präsentiere schon seit mehreren Jahren „Komplexe Analysen“. Ich muss das Thema jedes Jahr überarbeiten und die neuesten Trends aufnehmen. Ich stelle zum Beispiel ein Open Source Tool vor, mit dem man Machine Learning machen kann. In dem Kurs wird dann von Anfang bis Ende ein produktives Vorhersage-Modell errechnet, also eine Predictive Analytics durchgeführt. Ganz praktisch ist so zu erkennen, wann Menschen beispielsweise abspringen oder auch, ob es Menschen gibt, die eventuell für bestimmte Themen empfänglich wären. Das ist spannend für ein effektives Fundraising.

Wem würden Sie den Database-Kurs mit Studienleiter Andreas Berg, der am 15. April startet, empfehlen?

Der Kurs ist so angelegt, dass er ganz verschiedene Bereiche abdeckt. Man muss da kein Daten-Experte sein, sondern es geht mehr um ein Reinschnuppern und Schauen, wie das wirklich funktioniert. Dass man eine Vorstellung davon bekommt, wie beispielsweise ein so komplexes Thema wie Machine Learning funktioniert. Der Kurs ist also breit angelegt und beantwortet viele Fragen: Warum sind Daten wichtig? Was kann man mit Daten machen? Wie gehe ich vor? Am Schluss wird man seine Daten auf jeden Fall besser verstehen. Übrigens: Am 7. Februar gibt es um 17 Uhr einen digitalen Info-Abend zu dem Kurs. Eine gute Gelegenheit, sich direkt zu informieren.

Wird mit Daten alles besser? Da muss man natürlich ein Stück weit aufpassen. Also generell kann ich sagen: Ja, mit Daten wird Fundraising besser. Aber man muss die Erkenntnisse aus den Daten auch in Maßnahmen umwandeln, die einen Mehrwert bringen. Und das schaffen einige Organisationen aktuell sicherlich besser als andere.

Bildquellen

  • ThomasJahnke: privat

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