„Ohne einen guten Input wird es keinen guten Output geben.“

Fördermittel sind für viele Organisationen ein zentraler Baustein der Finanzierung. Deshalb bietet die Fundraising Akademie Seminare dazu an. Matthias Marx vom Engagement-Zentrum gilt zu Recht als Experte dieser Materie. Im Interview verrät er seine wichtigsten Dos und Dont’s beim Förderantrag.

Wie sind Sie zum Thema Fördermittel und Fundraising gekommen?

Bereits mit meinem beruflichen Einstieg in den gemeinnützigen Sektor habe ich schnell wahrgenommen, dass die Frage, „wie finanziere ich eine Organisation?“ eine der zentralen Schlüsselfragen ist und dem Thema Fundraising so ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Auch durch meine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit als Fundraising-Beauftragter einer jungen, finanziell im Aufwind befindlichen Organisation hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, dass Fördermittel vor allem in Bezug auf Projektfinanzierungen eine entscheidende Einnahmequelle sein können.

Woher weiß ich, ob es sich lohnt einen Förderantrag zu stellen?

Im besten Fall weiß ich das durch eigene Erfahrungen mit der entsprechenden Förderinstitution, eine „warme Förderbeziehung“, hilfreiche Hinweise aus dem eigenen Netzwerk von Partnern, die ihre Erkenntnisse zum Förderverfahren mit mir teilen und ggf. auch durch ein Telefonat mit der entsprechenden Institution. Ich meine, dass alle Kolleginnen und Kollegen, die im Fördermittelbereich beraten, diese Empfehlung, zum Hörer zu greifen, aussprechen. In vielen Fällen ist dies auch möglich.

Ich finde die Frage, ob es sich lohnt, im Übrigen absolut berechtigt. Ich habe den Eindruck, dass manchmal nur oder zumindest überwiegend darauf geschaut wird, was man bekommt, aber nicht, was man selbst gibt. Die Frage nach Aufwand und Ertrag, nach Kosten und Nutzen sollte im Fundraising – unabhängig vom Instrument – immer gestellt werden. Mitunter kann es, je nach Fördervolumen und Antragsaufwand, sinnvoller sein, beispielsweise mit Hilfe einer Spendenaktion die benötigten Mittel zu akquirieren. Vielleicht liegen dort sogar die Stärken der Organisation.

Zudem gilt es nicht nur die Rechte, die aus der Förderbeziehung resultieren, sondern auch die Pflichten kritisch zu prüfen. Manchmal wartet mit dem Projektabschluss tatsächlich noch „das dicke Ende“ in Form von aufwändigen Verwendungsnachweisen, die nicht „eingepreist“ wurden.

Wie ist die Herangehensweise für den Förderantrag?

Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über die in der Organisation vorhandenen Projektideen und verschriftlichen Sie diese in kompakten Steckbriefen. Jeder Steckbrief sollte die wesentlichen Informationen enthalten – wie Projektziel, Aktivitäten, Dauer, also Projektbeginn und -ende, Zielgruppen und Kosten. Letztlich geht es um Antworten auf die „klassischen W-Fragen“ nach dem Warum, dem Was, dem Wann, dem für wen und zu welchen Kosten. Mitunter inzwischen ergänzt um die Frage „mit welcher Wirkung?“.

Diese Projektideen sollten in ihrer Wichtigkeit bewertet und priorisiert werden. Erst danach würde ich mit der Suche nach den passenden Fördermöglichkeiten starten [siehe dazu auch dieser Beitrag].

Es gibt ohne Frage auch die Herangehensweise, erst nach Fördermitteln für den eigenen Themenbereich zu suchen und dann „passende Projektideen zu stricken“, aber ich meine, dass es andersherum sinnvoller ist, da die eigenen Wünsche und die eigene Kreativität die Ausgangsbasis ist.

Was sollte man besser vermeiden?

Tatsächlich nenne ich in meinen Vorträgen 7 Dos und 7 Dont‘s. Damit der Beitrag jetzt nicht ausufert und auch der Anreiz besteht, an den regelmäßigen Seminaren mit der Fundraising-Akademie teilzunehmen, vielleicht einmal die für mich persönlich wichtigsten zwei oder drei.

In jedem Fall sollte man es vermeiden, nur die eigene Perspektive als Geförderter und Projektträger im Blick zu haben. Versetzen Sie sich immer auch in die Position der Förderinstitution und was sie mit ihrer Förderung bezwecken will und greifen Sie diese Themen im Antrag auf. Von Schnellanfragen im „Serienbrief-Stil“ aufgrund oberflächlicher Recherche rate ich ab.

Zudem habe ich den Eindruck, dass häufig der inhaltlichen Dimension des Antrags – der Projektbeschreibung – deutlich mehr Zeit gewidmet wird als der finanziellen. Letztlich geht es aber (auch) um die Finanzierung eines bestimmten Vorhabens. Wenn mit Zahlen vertraute Personen in der Organisation sind, sollten diese in die Kostenplanung hinreichend eingebunden werden. Da geht es auch darum, nicht Geld – vor allem eigenes – „zum Fenster rauszuwerfen“.

Worauf muss man zwingend achten?

Nutzen Sie die Hilfestellungen, die Ihnen die Förderinstitution zur Verfügung stellt, z. B. in Form von Förderrichtlinien, Antragsformularen, FAQs-Rubriken und ggf. auch in Form des Angebots, sich bei Fragen schriftlich und/oder telefonisch an entsprechende Personen zu wenden.

Zudem habe ich mitunter den Eindruck, dass sich Organisationen eigener Stärken nicht bewusst sind oder es nicht gewohnt ist, diese nach außen sichtbar zu machen. Da sich die Organisationen aber im Wettbewerb mit anderen um limitierte Förderbudgets befinden, gilt es die eigenen Kompetenzen, Erfahrungen, Fähigkeiten „ins Schaufenster zu stellen“. Alles, was die eigene Reputation steigert, was auf Seiten der Förderinstitution zur Annahme führt, „unser Geld ist bei denen gut investiert“, „das sind verlässliche Projektpartner“ sollte vorgetragen werden.

Ein Alleinstellungsmerkmal kann es auch sein, kenntlich zu machen, dass man sich mit der Wirkung und Nachhaltigkeit des präsentierten Projekts hinreichend auseinandergesetzt hat. Einige Förderinstitutionen verlangen dies inzwischen. Aber auch bei denen, die es (noch) nicht verlangen, trifft es sicherlich auf positive Resonanz.

Was sind aktuelle Herausforderungen?

Ich meine, dass die zersplitterte Förderlandschaft für Neueinsteiger als sehr komplex und herausfordernd und mitunter abschreckend wahrgenommen wird. Die Fördervorgaben können sich je nach Typ der Förderinstitution – Stiftung, (Sozial-)Lotterie, Unternehmen, öffentliche Institution – und ihrem Hintergrund stark unterscheiden. Insbesondere im Vergleich von privaten und öffentlichen Förderern ist dies offenkundig. Einige Förderer erscheinen nach wie vor in Hinblick auf ihre Förderpolitik als „Black Box“. Da ist mehr Transparenz, mehr klare und einfache Kommunikation notwendig.

Vor dem Hintergrund, dass schätzungsweise sechs von zehn rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts, reine Förderstiftungen sind, d.h. Stiftungen sind, die ihren Zweck nur mittels Dritter verwirklichen können, ist hier die Frage, wie man Hürden für Antragsteller senkt, nicht nur essentiell, sondern existenziell.

Ich begrüße daher auch ausdrücklich die Initiative „weniger ist mehr“, die dabei hilft, den eigenen Förderprozess zu hinterfragen und umzugestalten. Meinem Eindruck nach werden mit Gründung und Förderbeginn etablierte Förderverfahren zu selten dahingehend geprüft, ob sie noch zeitgemäß bzw. sinnvoll sind. Allein eine Feedback-Option im Förderverfahren zu installieren, um die Stimme und Bedürfnisse der Antragsteller und Projektträger wahrzunehmen, kann hier ein erster sinnvoller Schritt sein.

Welche Programme sollten immer in der engeren Wahl sein.

Ich mag gar nicht so sehr nun einzelne benennen. Das hängt sehr vom jeweiligen Themengebiet und Aktivitätsbereich ab. Im sozialen Bereich wird man sich aber sicherlich den Förderprogrammen von „Aktion Mensch“ oder der „Deutschen Fernsehlotterie“ resp. der „Stiftung Deutsches Hilfswerk“ auseinandersetzen müssen, im Naturschutz mit denen der „Deutschen Bundesstiftung Umwelt“ oder der „Deutschen Postcode Lotterie“. Ich rate hier grundsätzlich zu einer Offenheit. Denn die bekanntesten Förderprogramme sind womöglich auch diejenigen, die stark nachgefragt sind, für die also sehr viele Anträge eingehen und damit die Chance einer Bewilligung des eigenen Antrags sinkt.

Zum anderen birgt es das Risiko, ebenso attraktive Fördermöglichkeiten im unmittelbaren Umfeld zu übersehen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten ein großes Stiftungswachstum erlebt. Vor dem Hintergrund, dass ca. 70 bis 80 Prozent im lokalen, regionalen Umfeld aktiv sind, sollte man sich auch immer „vor der eigenen Haustür“ umschauen. Die räumliche Nähe zwischen Förderer und Gefördertem, auch „Vitamin B“ kann ein Faktor sein, der dem positiven Antragsausgang zuträglich ist. Hier gilt die Devise „das eine zu tun, ohne das andere zu lassen“. Also sowohl die größeren und bekannteren, zumeist auch überregional agierenden Förderer in den Blick zu nehmen als auch die kleineren, unbekannteren im Nahbereich der jeweiligen Organisation.

Von pauschalen Aussagen „da musst du es unbedingt versuchen, da klappt es immer“ oder andersherum „da brauchst du es gar nicht erst versuchen, da klappt es nie“ halte ich wenig. Mitunter sind Faktoren im Spiel, die man schwer von außen einschätzen kann, die am Ende den Ausschlag geben.

Lohnen sich Weiterbildungen zum Thema?

Ja, in jedem Fall. Neben der durch nichts zu ersetzenden Praxis, den positiven wie negativen Erfahrungen, die man selbst im Rahmen von Antragstellungen sammeln wird, bilden gute Bücher, gute Seminare und Lehrgänge eine wertvolle Basis. Vom reinen „learning by doing“ halte ich wenig. Ich meine, es ist die Kombination aus Theorie und Praxis, die auch in diesem Bereich zum Erfolg führt.

Die Online-Seminarreihe „Antrags-Fundraising“ der Fundraising Akademie, die sich nicht nur mit der Antragstellung, sondern auch Fördermittelrecherche und korrekten Fördermittelverwendung beschäftigt, ist für Einsteigerinnen und Einsteiger sicherlich sehr zu empfehlen und insbesondere für Fortgeschrittene und Organisationen, die das volle Potenzial in diesem Bereich ausschöpfen möchten, der 9-tägige berufsbegleitende Kurs „Referent*in Fördermittelmanagement“. Dieser zertifizierte Kompaktkurs bietet den Teilnehmenden über den fachlichen Inhalt hinaus die großartige Möglichkeit, sich mit Expertinnen und Experten einzelner Teilgebiete und Organisationsvertreterinnen und -vertretern zu vernetzen.

Dass nun auch das Thema „Künstliche Intelligenz“ im Stundenplan des im Oktober startenden Kurses auftaucht, zeigt, dass die Inhalte auch stets aktuell gehalten und bei Bedarf angepasst werden.

Stichwort „Künstliche Intelligenz“. Wie sehr wird das die Antragstellung auf Seiten der Fördermittelempfänger verändern?

Dies lässt sich aktuell schwer einschätzen. Ich bewerte die an der ein oder anderen Stelle kommunizierten Erwartungen als überzogen. Es wird auch in Zukunft nicht der Fall sein, dass man „auf ein Knöpfchen drückt“ und im Ergebnis der perfekte Projektantrag rauskommt. Ohne einen guten, wohl überlegten Input wird es keinen guten Output geben.

Gleichwohl sind Effizienzgewinne bei einzelnen Schritten und Aufgaben enorm, wenn denn die Funktionsweise solcher Programme verstanden und das „Handwerkszeug“ beherrscht wird. Der Mensch, der grundsätzlich erst einmal seine Natürliche Intelligenz und bei Bedarf, bei einzelnen Teilschritten die Künstliche Intelligenz nutzt, scheint mir hier ein sinnvoller, nicht zu Frustration und Ent-Täuschung führender Ansatz zu sein.

Matthias Marx ist bei der EngagementZentrum GmbH, der gemeinwohlorientierten Tochtergesellschaft der Volksbank BRAWO, in Braunschweig tätig und hat sich nach seinem sozialwissenschaftlichen Studium u.a. als zertifizierter Fundraising-Referent (Fundraising-Akademie), Projektmanager für gemeinnützige Fördergelder (Deutsche Fördermittelakademie) sowie zertifizierter Stiftungsberater und -manager (Deutsche Stiftungsakademie) auf die Bereiche Fundraising und Stiftungsgründung spezialisiert. Er berät regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter gemeinnütziger Organisationen bei der Entwicklung von Fundraising-Strategien.

Bildquellen

  • Matthias Marx: EngagementZentrum GmbH

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