„Es braucht ein gutes Gespräch!“

Nadja Malak ist Leiterin Unternehmenspartner bei SOS-Kinderdörfer weltweit. Unternehmenspartnerschaften stehen aktuell vor einer schweren Prüfung, weil viele Branchen wirtschaftlich leiden. Wir sprachen mit ihr, wie man Unternehmen trotzdem ins Boot holt.

NGO-Dialog: Was verbindet Sie mit der Fundraising Akademie?

Nadja Malak: Eine wirklich ehrenvolle Aufgabe, denn ich gehöre der Prüfungskommission an.


NGO-Dialog: Welche Aufgabe hat man denn als Prüferin?

Nadja Malak: Es ist eine sehr spannende Aufgabe, denn wir begleiten die Studentinnen und Studenten in ihrer letzten Akademiephase und begutachten die Abschlussarbeiten. Außerdem versuchen wir in mündlichen Gesprächen auch herauszufinden, was die Absolventen aus ihrer Ausbildung mitgenommen haben.


NGO-Dialog: Also eher eine ernsthafte Aufgabe?

Nadja Malak: Das schon, aber das besondere an der Fundraising Akademie ist das grundsätzlich positive Klima. Ich finde, wir schaffen es gerade auch in den Prüfungen, eine entspannte Atmosphäre, eine gewisse Gelassenheit zu schaffen. Durchaus auch mit einem kleinen Schuss Humor, der die Prüfungsangst nimmt.

Unternehmenspartnerschaften schaffen Mehrwert für die Gesellschaft

NGO-Dialog: Wie kamen Sie zum Fundraising?

Nadja Malak: Ich habe mich immer sehr für internationale Beziehungen interessiert und daher auch Entwicklungszusammenarbeit studiert. Mein Ziel war eigentlich, langfristig ins Ausland zu gehen, und dann bin ich doch in Deutschland geblieben. Aber immerhin beim spannenden Thema Fundraising für den NGO-Bereich.


NGO-Dialog: Jetzt arbeiten Sie bei SOS-Kinderdörfer weltweit. Was ist da Ihre Aufgabe?

Nadja Malak: Ich leite den Bereich Unternehmenspartnerschaften. Im Alltag gehe ich mit meinem Team auf Unternehmen zu, um sie als Spender, Sponsor oder Projekt-Partner zu gewinnen. Bei bereits bestehenden Partnerschaften geht es vor allem darum, die konkrete Umsetzung abgestimmter Projekte voranzutreiben, die Partnerschaften zu vertiefen und neue kreative Ansätze für eine Kooperation zu finden. Letztendlich wollen wir ja gemeinsam einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen.


NGO-Dialog: Alle wollen an Unternehmen ran. Bei Ihnen scheint das gut zu funktionieren. Woran liegt das?

Nadja Malak: Wir haben uns im Bereich Unternehmenskooperationen professionell aufgestellt und eine hohe fachliche Expertise im Team. Das ermöglicht es uns, bei einer individuellen Ansprache die passenden Programme zu identifizieren, geeignete Strategien zu entwickeln und dabei immer auf Augenhöhe zu agieren.

Kooperationen entstehen im Dialog

NGO-Dialog: Aber am Anfang weiß man ja noch gar nicht, was das Unternehmen eigentlich will. Gehen Sie mit einem festen Produkt im Kopf auf die Unternehmen zu?

Nadja Malak: Klar muss sein, warum man das Unternehmen anspricht. Wo sehe ich den Mehrwert und das Interesse von Seiten des Unternehmens? Deshalb sollte ich auch nicht mit einem vorgefertigten Konzept in ein erstes Meeting gehen. Und sei es noch so kreativ! Es braucht ein gutes Gespräch. Gut hinzuhören, um herauszufinden wo das Unternehmen im Bereich Corporate Social Responsibility gerade steht und was es verändern möchte, ist viel wichtiger. Erst dann ist ein Konzept sinnvoll, weil es dann passt.


NGO-Dialog: Was muss man denn tun, um die Unternehmen als Partner zu behalten?

Nadja Malak: Langfristige Unternehmenspartnerschaften sind uns natürlich die liebsten. Man hat dann auch die Chance, auf verschiedenen Ebenen mit dem Unternehmen zu kooperieren, lernt sich besser kennen, wird kreativer und mutiger. Und es geht um Vertrauensaufbau. Ist das Engagement wirklich ernst gemeint? Werden Projekte umgesetzt wie versprochen? Dieses Vertrauen entwickelt sich mit der Zeit, und das macht viel aus, wenn man über die Ausweitung von Projekten nachdenkt. Beispielsweise mit der Einbindung von Mitarbeitern des Unternehmens.

Keine kurzfristigen Corporate Volunteering-Projekte

NGO-Dialog: Diese Mitarbeiter in sogenannte Corporate Volunteering-Projekten einzubeziehen, ist ja nicht unumstritten. Einige Organisationen beklagen den hohen Aufwand und die fehlende Vergütung. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?

Nadja Malak: Corporate Volunteering wird immer wieder angefragt. Aber auch wir können und möchten kein Ein-Tages-Corporate-Volunteering-Projekt anbieten. Stattdessen haben wir schöne Fundraising- und Mitmach-Aktionen für Mitarbeiter entwickelt. Zusätzlich haben wir ausgewählte Initiativen, bei denen Corporate Volunteering integriert werden kann, wenn von unserer Seite ein klarer Bedarf besteht, der zum Unternehmen passt. Beispielsweise bei der YouthCan!-Initiative. Dort machen wir mit Unternehmensmitarbeitern SOS-Jugendliche fit für den Arbeitsmarkt. Durch Coaching, Mentoring oder Hilfe bei Bewerbungen beispielsweise. Da schlägt Corporate Volunteering eine schöne Brücke von der SOS-Welt in die Unternehmenswelt.


NGO-Dialog: Welche Fragen stellen Ihnen denn die Firmenbosse?

Nadja Malak: Abgesehen von inhaltlichen Fragen zu unserer Programmarbeit, interessieren sich die Unternehmen dafür, wie wirksam die Projekte sind und welchen Social Impact das Unternehmen mit einer Kooperation erreichen kann.


NGO-Dialog: Sie arbeiten aber auch mit vielen kleinen Unternehmen zusammen.

Nadja Malak: Ja, das ist uns schon sehr wichtig, weil bei uns letztlich jedes Engagement und jeder Cent zählt.

Um Geld zu bitten gehört dazu

NGO-Dialog: Es geht aber doch auch um Geld. Wie fragt man den Partner danach?

Nadja Malak: Also, ich gehe damit sehr offen um, ob in Verbindung mit Corporate Volunteering oder mit strategischen Partnerschaften. Es ist wichtig, von Anfang an klar zu vermitteln, dass all unsere Programme nur durch private Spenden und Förderer erst möglich werden.


NGO-Dialog: Erwarten sie eigentlich coronabedingt weniger Firmen, die sich dieses Jahr engagieren?

Nadja Malak: Momentan können wir noch nicht wirklich beurteilen, wie sich die wirtschaftliche Lage, vor allem auch in den nächsten Jahren, entwickelt, und davon ist auch abhängig, wie spendenbereit Unternehmen sind. Was für uns auf jeden Fall sehr ermutigend ist, sind spontane Spendeninitiativen und Mitarbeiteraktionen, die unsere Arbeit nach dem Motto „Jetzt erst recht“ unterstützen.


NGO-Dialog: Was geben Sie der Fundraising Akademie für die nächsten 20 Jahre mit auf den Weg?

Nadja Malak: Was ich an der Akademie so schätze, ist dieses beeindruckende, belastbare Netzwerk, das da in den letzten 20 Jahren aufgebaut worden ist. Der offene Austausch ist da sehr toll und auch, dass neue Impulse aufgenommen und weiterentwickelt werden, wie beispielsweise bei der neuen Campaigner-Ausbildung, wo eine Professionalisierung gut und nötig ist. Das kann die Akademie mit ihrer Expertise sehr gut leisten. Eigentlich ist die Akademie ja erst 20 Jahre jung, und was da schon entstanden ist, nötigt mir großen Respekt ab. Ich wünsche der Akademie, dass sie weiter so am Puls der Zeit bleibt und diese für uns alle wertvolle Aufgabe weiterhin mit so viel Gelassenheit und gutem Klima bewältigt.

Bildquellen

  • Porträt Nadja Malak: privat
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