30 Jahre Fundraising-Verband und Deutscher Spendenrat

Der Deutsche Fachverband des Fundraisings wird 30 Jahre alt und feiert das angemessen im „Tipi am Kanzleramt“. Die Geschichte des Verbandes zeigt, dass er bereits eine Menge erreicht hat. Aber er steht weiter vor Herausforderungen, genauso wie der andere Jubilar, der Deutsche Spendenrat.

Es war ein wunderbares Fest im Tipi am Kanzleramt das anlässlich des Fundraising Kongresses im Juni stattfand. Mit einer überzeugenden und humorvollen Moderation von Araba Pilic und Jan Uekermann, einer verbindenden Rede des Vorsitzenden Martin Georgi, einer wertschätzenden Preisverleihung und einem rundum gelungenen Abend im Kreise vieler Kolleginnen und Kollegen: So feiert man ein Jubiläum zum 30. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

1993: Verbände für Fundraising gegründet

Wie der Verband sich in der Breite entwickeln würde, war 1993 noch nicht abzusehen. Damals waren es vor allem die Umweltorganisationen, die sich von dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen ausgegrenzt fühlten und deshalb darauf drangen, sich besser zu vernetzen und auszutauschen. Dr. Christoph Müllerleile arbeitete damals für den WWF und wurde zum ersten Vorsitzenden der am 27. Januar 1993 gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft für Sozialmarketing, die sich später in Deutscher Fundraising Verband umbenannte. Fünfzig Interessenten nahmen an der Gründungsversammlung der BSM teil, 37 traten sofort bei. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung „stellten erhebliche Defizite beim Erfahrungsaustausch der hauptamtlich im Spendenwesen Tätigen fest“, wie es in einem Rückblick von Christoph Müllerleile heißt. Die Zahl der Fundraiserinnen und Fundraiser wurde damals auf 500 geschätzt.

Am nächsten Tag fiel auch der Startschuss für die Gründung des Deutschen Spendenrates. In einer Presseerklärung von damals heißt es: „Gemeinnützige Organisationen in Deutschland sollen künftig mit einer Stimme sprechen, wenn es um Grundsätze des Spendensammelns geht.“ Diese Auffassung vertraten etwa hundert Vertreter von sozial-caritativen und kirchlichen Hilfswerken, Umweltverbänden und anderen gemeinnützigen Einrichtungen, die sich am 28. Januar 1993 in Frankfurt trafen und einen zehnköpfigen Gründungsausschuss unter der Leitung des Generalsekretärs des Weißen Rings, Dieter Eppenstein, bildeten, um den Spendenrat zu gründen.

Sorge um Ansehen der Spendenwerbung

Der Spendenrat sollte nach ethischen Prinzipien Fundraising betreibende Organisationen aufnehmen, welche Transparenz in der Mittelverwendung nachwiesen, und die BSM sollte ein berufsständischer Verband sein, der das Berufsbild von Fundraiserinnen und Fundraisern prägen und mit ethischen Richtlinien versehen sollte. Sorgen machten sich beide Organisationen zu der Zeit um das Ansehen der Spendenwerbung in Deutschland.

30 Jahre später ist das Ansehen des Fundraisings noch immer in der Entwicklungsphase. Obwohl sich das Fundraising in der Breite enorm weiterentwickelt hat und es für Deutschland Schätzungen von 5.000 Menschen gibt, die in diesem Bereich hauptamtlich arbeiten, wurde beispielsweise der Artikel „Deutscher Fundraising Verband“ in Wikipedia wegen fehlender Relevanz gelöscht. Sich immer wieder ins Gespräch zu bringen, ist mühsam, und auch nach 30 Jahren gilt es, auf die Relevanz des Themas hinzuweisen. Umso wichtiger, dass sich so viele Menschen im Fundraising-Verband engagieren und dass zum 30-jährigen Jubiläum die Ehrenamtlichen des Verbandes mit dem Fundraising-Sonderpreis des Vorstandes ausgezeichnet wurden.

Der Fundraising-Verband befindet sich aktuell in einer personellen Umbruchphase. Viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden bei der letzten Mitgliederversammlung vorgestellt. Es ist dem Verband zu wünschen, dass so mehr Kontinuität entsteht. Denn ehrenamtlich ist der Verband schon seit Jahren nicht mehr zu führen. Professionelle Strukturen kosten Geld, und da hat sich der Verband gerade erst aus den Schwierigkeiten der Corona-Zeit freigeschwommen. Trotzdem zeigt sich Dr. Marita Haibach, langjährig in Verantwortung für den Verband und Fundraising-Preisträgerin, zuversichtlich: In einem Podcast vom Fundraising Kongress 2023 für „Neues Stiften“ zieht sie gegenüber Andreas Schiemenz und Jörg Schuhmacher ein positives Resümee: „Ich bin heute wieder sehr zufrieden mit dem Fundraising-Verband. Das war nicht immer so!“ Im selben Podcast kommt auch der damalige BSM-Gründer Dr. Christoph Müllerleile zu Wort. Er hat für seine jungen Kolleginnen und Kollegen einen Rat: „Mein Tipp war und ist: Holt die Spenderinnen da ab, wo sie sind!“ Beide sind sich übrigens auch einig, was den Ort der Aus- und Weiterbildung im Fundraising betrifft: „Die Fundraising-Akademie ist ein wichtiger Bestandteil und muss es auch weiterhin bleiben.“
Auch der Fundraising-Verband hat eine interessante Livestream-Reihe auf YouTube gestartet. Hier kann man den Fragen von Moderatorin Elisa Spreter lauschen, die sie bisher Dr. Marita Haibach, Dr. Christoph Müllerleile und Dr. Rupert Graf Strachwitz gestellt hat.

Es bleibt viel zu tun

Der Deutsche Fundraising Verband hat den Anspruch, die deutsche Fundraising-Szene zu vertreten. Mittlerweile sowohl auf beruflicher Seite, als auch durch die Einbindung von Organisationen als Mitglieder. Laut Auskunft des Verbandes vertritt er aktuell 1.555 Mitglieder. Der Deutsche Spendenrat hat gerade das 71. Organisationsmitglied aufgenommen und steht mittlerweile für Spenden im Gesamtwert von mehr als zwei Milliarden Euro im Jahr. Beide müssen also noch wachsen, um die Szene mehrheitlich zu vertreten. Denn das Gesamtspendenvolumen in Deutschland liegt wohl bei sechs bis zehn Milliarden Euro pro Jahr, und die Zahl der professionell um Spenden bittenden deutschen Organisationen wird von Expertinnen und Experten auf mindesten 5.000, wenn nicht sogar deutlich höher geschätzt.

Beiden Verbänden ist deshalb zu wünschen, dass sie als engagierte Akteure das Fundraising für die deutsche Zivilgesellschaft weiter voranbringen. Ach – und wer gute Ideen für das Fundraising der Zukunft hat, kann das gleich auf der Website des Fundraising-Verbandes mitteilen und so beispielsweise eine Teilnahme am nächsten Fundraising Kongress 2024 gewinnen.

Bildquellen

  • Deutscher Fundraising Preis 2023: Deutscher Fundraising Verband e.V.
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