Stiftungen gründen soll flexibler werden
Mit dem neuen Stiftungsrecht, das am 1. Juli 2023 in Kraft tritt, soll alles besser werden. Doch die schleppende Umsetzung der Reform auf Länderebene beendet die jahrelange Zersplitterung des Stiftungsrechts noch nicht. Die Initiative Fundatio will die Weiterentwicklung des Stiftungsrechts vorantreiben.
Schon am 25. Juni 2021 beschloss der Deutsche Bundestag eine umfassende Vereinheitlichung des Stiftungsrechts, und der Bundesverband Deutscher Stiftungen jubelte. „Heute ist ein guter Tag für Stiftungen in Deutschland“, so Friederike von Bünau, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, damals. „Die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts bringt mehr Rechtssicherheit für alle Stiftungen mit sich.“
Diese Änderungen treten in Kraft
Mit Wirkung vom 1. Juli 2023 tritt das Gesetz nun in Kraft. Folgendes wird sich ändern:
Die Kodifizierung der Business Judgement Rule garantiert Stiftungsorganen, dass sie nicht für eine Fehlentscheidung haften, wenn sie geltende Gesetze sowie die Stiftungssatzung beachtet haben und auf Grundlage angemessener Informationen davon ausgehen durften, dass sie beispielsweise mit der Vermögensanlage zum Wohle ihrer Stiftung handeln.
Für notleidende Stiftungen bringen die Möglichkeiten der Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung und der Zu- und Zusammenlegung deutliche Erleichterungen mit sich.
Umschichtungsgewinne dürfen für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden, soweit der Stifterwille dem nicht entgegensteht und das Stiftungskapital erhalten bleibt.
Ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung kommt ab 1. Januar 2026. Es wird Stiftungen als geschützte Rechtsmarke etablieren – weswegen rechtsfähige Stiftungen ab dann auch einen Rechtsformzusatz führen müssen – und wird das Handeln insbesondere im internationalen Rechtsverkehr deutlich erleichtern. Damit vereinfacht es künftig den Nachweis der Vertretungsmacht und macht die umständlichen Vertretungsbescheinigungen obsolet.
Um doppelte Meldepflichten zum Stiftungsregister und Transparenzregister zu vermeiden, sollen Erleichterungen entsprechend den Regelungen zum Vereinsregister in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden.
An einem Punkt aber treten die Regelungen aber auf der Stelle: Das bundeseinheitliches Stiftungsrecht wird das zersplitterte Landesstiftungsrecht ablösen und so mehr Rechtssicherheit schaffen. Dafür sollten die Länder ihre Landesstiftungsgesetzte an die nun bundeseinheitlichen Regeln anpassen. Das ist aber bisher noch nicht passiert. Obwohl nun am 1. Juli 2023 alle stiftungszivilrechtlichen Regelungen nun länderübergreifend in den §§ 80 – 87d BGB zusammengeführt werden. In den Landesstiftungsgesetzen gelten dann nur noch die länderspezifischen Regelungen, die beispielsweise die Stiftungsaufsicht betreffen.
Stiftungsexperten provozieren Rechtsstreit
Eine Gruppe von Stiftungsexperten gibt sich mit den Reformfortschritten nicht zufrieden. Dr. Christoph Mecking, Dr. Erich Theodor Barzen und Dr. Stefan Fritz machten jüngst ihre Initiative FUNDATIO bekannt. Gemeinsam mit weiteren Beratern wollen sie die Weiterentwicklung des Stiftungsrechts voranzutreiben. Dazu haben sie das Modell einer Stiftung unter dem Namen FUNDATIO entworfen, das an jeweils eine Stiftungsbehörde in jedem der 16 Bundesländer zur Klärung der Anerkennungsfähigkeit übermittelt wurde.
Die Experten halten nämlich die Ausgestaltungen von Stiftungen für zulässig, die deutlich flexibler und dynamischer sind als derzeit üblich. Das wird aber von der Aufsicht der Länder ausgebremst. FUNDATIO will so auch einen Impuls setzen zur Stärkung des Stiftungsstandortes Deutschland im internationalen Wettbewerb. Die Einreichung der Stiftung solle eine Reaktion provozieren, die nun auf der Basis des neuen Stiftungsgesetzes die Länder in die Pflicht nimmt, „sich von Dominanz von Traditionen und behördlichen Mustersatzungen bei der Gründung von Stiftungen zu lösen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Berater kündigen bereits an zu klagen, sollte die Stiftung nicht zugelassen werden, um so endlich auch eine bundeseinheitliche Rechtsprechung zu erhalten.
Kreativere Gestaltung der Satzung möglich
Aktuell fehlt nämlich eine solche Spruchpraxis, weil diese sich meist noch an Länderstiftungsgesetzen orientiert, die nun nicht mehr gelten. Auch eine publizierte Verwaltungspraxis, an der sich Stiftende und Beratende bei Antragsstellung orientieren können, fehlt. Chancen für kreativere Gestaltungen bleiben so ungenutzt, weil Stiftende verlängerte Verfahren mit ungewissem Ergebnis logischerweise meiden.
Fundatio vertritt unter anderem folgende Thesen:
- Der (Rechts-)sitz einer Stiftung und damit die Behördenzuständigkeit sind frei wählbar.
- Lässt sich ein Zweck mit jährlich 1.000 Euro erfüllen, so genügen für eine Verbrauchsstiftung 10.000 Euro.
- Der Stifter darf den Stiftungsorganen große Freiheiten einräumen, die Stiftung fortzuentwickeln; Ermächtigungen zur Änderung prägender Satzungsbestimmungen müssen nur bestimmt und können auch weit gefasst sein.
- Das „Upgrade“ von der Verbrauchsstiftung zur Dauerstiftung ist möglich.
- Der Stifter kann durch die Satzung festlegen, dass eine Zusammenlegung schon dann möglich ist, wenn sie die Erfüllung des Stiftungszwecks fördert.
Auf der Internetseite www.fundatio.info stellt sie die Stiftungssatzung mit Erläuterungen vor. Dort dokumentiert FUNDATIO auch die Auskünfte und Bescheide der Stiftungsaufsichten und etwaige gerichtliche Verfahren. Die Publizität soll die behördlichen Entscheidungen einer wissenschaftlichen Auswertung zugänglich machen und zur Rechtssicherheit und Vereinheitlichung der Anwendungspraxis beitragen.
Kurs Stiftungsmanager*in startet
Dazu passend startet im Juni der neue Kurs der Fortbildung Stiftungsmanager*in der Fundraising Akademie. Er besteht aus zwölf Präsenztagen in Berlin im Juni, September und November.