Fundraising für Wissenschaft

Der diesjährige Hochschulfundraisingpreis ist vergeben. Viele Bewerbungen zeigen, dass Fundraising in der Hochschullandschaft kein Einzelfall mehr ist. Doch es gibt auch Diskussionen über die Zukunft des Hochschulfundraisings, insbesondere über die Vereinbarkeit von Unternehmensengagement und Freiheit der Forschung.

Die ETH Zürich ist diesjährige Trägerin des sechsten „DACH-Hochschulfundraisingpreises“. Im Rahmen des virtuell durchgeführten DHV-HRK-Fundraising-Symposiums des Deutschen Hochschulverbandes wurde die Auszeichnung durch Professor Dr. Guido Benzler, Geschäftsführender Gesellschafter rheform – EntwicklungsManagement GmbH, dem Vizepräsidenten für Forschung der ETH Zürich, Professor Dr. Detlef Günther, überreicht. Schon die Preisübergabe macht deutlich: Ohne das Engagement eines Förderers wäre ein dotierter Hochschulfundraisingpreis nicht möglich.

Hochschulfundraising heißt Innovationsfähigkeit

Hochschulen sind in Deutschland eigentlich zu 98 Prozent finanziert. Schon Matthias Notz und Patrick Roy merkten 2008 in einem Fachartikel kritisch an, dass durch die Beschränkung staatlicher Mittel aber keine Investitionssprünge möglich sind. Sie betrachten deshalb „das systematische Erschließen zusätzlicher Geldquellen jenseits der staatlichen Grundfinanzierung zu den Zukunftsthemen des Hochschulmanagements“. An dieser Einschätzung hat sich nicht viel geändert. Zwar wurde durch das Exzellenzprogramm des Bundes mehr Geld in die Forschung gebracht, aber nur wenige Hochschulen profitieren davon. Fundraising ist für Hochschulen deshalb immer wichtiger geworden, um sich weiterzuentwickeln und innovative Themen aufzugreifen.

Insbesondere Großspendenfundraising und Unternehmenskooperationen sind für die hiesigen Universitäten zu einem Wettbewerbsumfeld geworden. Dabei haben einige die Nase vor. Schaut man auf die Preisträger des Hochschulfundraisingpreises der letzten Jahre, liest man klangvolle Namen, wie die Goethe-Universität Frankfurt (Foto), die Technische Universität München aber auch kleinere Hochschulen wie die Universität Mannheim oder die Universität Hildesheim. Erfolg im Fundraising hängt oft nicht von der Größe der Institution, sondern von den Strukturen ab. So war der Preis 2018 für die Universität Hildesheim auch nicht überraschend. Die vergleichsweise kleine regionale Universität hatte es geschafft, einen regionalen Förderkreis aufzubauen, der durch enge persönliche Kontakte glänzt. Auf der Basis breit gefächerter Begegnungsformate gelingt es dem Fundraising dort immer wieder, den Kreis der Spenderinnen und Spender zu einer Stiftergemeinschaft zu formen, aus der heraus größere und namhafte Spenden erfolgen.

Schweizer Vorbilder

Dass der Preis in diesem Jahr wieder an eine Schweizer Hochschule geht, verwundert nicht. Gerade die ETH Zürich ist in Sachen Fundraising in Europa das Maß der Dinge. Die Zuwendungen verteilen sich auf 50 Förderer und belaufen sich zurzeit auf 30 Millionen Euro jährlich. Damit trägt das Unternehmensfundraising maßgeblich dazu bei, die Möglichkeiten der ETH Zürich bei der Förderung wissenschaftlicher Talente und zukunftsweisender Forschungsvorhaben zu erweitern. Unternehmen erhielten durch ein breites Spektrum an Dialogformaten Einblicke in die universitäre Spitzenforschung. Im Ergebnis führe dies zu einem gleichermaßen anregenden wie gewinnbringenden Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Auch durch die umsichtige Einbindung von Freunden und Förderern verbinde die Hochschule Wirtschaftakteure dauerhaft und erfolgreich mit der ETH zum Nutzen von Forschung und Lehre, wie Professor Benzler in seiner Laudatio betonte.

Klinik erhält jährlich über halbe Million Euro

Zu erwähnen ist in diesem Jahr auch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), das einen Anerkennungspreis erhielt. 56 Unternehmerpersönlichkeiten, die in das Kuratorium der 2013 gegründeten Förderstiftung des UKSH eingebunden sind, geben regelmäßig 10.000 Euro jährlich und entscheiden über die Verwendung des Geldes demokratisch mit. Die Förderstiftung des UKSH hat bereits mehr als 79 Medizinvorhaben unterstützt und damit die Spitzen- und Universitätsmedizin des zweitgrößten Universitätsklinikums in Deutschland nachhaltig gestärkt. Zusätzlich haben die Unternehmerinnen und Unternehmer ein solides Stiftungsvolumen aufgebaut. Das ist möglich, weil nicht die gesamte Förderung in Projekte sondern eben auch in den Stiftungsaufbau fließt. Die Projekte werden fachlich vom Vorstand ausgewählt und treten dann gegeneinander in einem Pitch vor den Unternehmerinnen und Unternehmern an. Diese vergeben dann ihre Stimmen auf die Projekte. Wer die meisten Stimmen erhält, bekommt die größte Förderung. Nach Aussage von Pit Horst, Stiftungsgeschäftsführer und UKSH-Fundraiser ist es auch schon vorgekommen, dass Kuratoriumsmitglieder ein ihnen wichtiges Projekt mit Extra-Geld unterstützt haben. An diesem Beispiel merkt man, wie eng die Beziehung von Förderern und den Universitäten sein kann. Eine Enge die auch Kritik auf den Plan ruft.

Kritische Unternehmensnähe

So stellte auch Professor Günther von der ETH Zürich in seinem Vortrag beim DHV-HRK-Fundraising-Symposium eine gewisse Zurückhaltung von Unternehmen bei Stiftungsprofessuren fest. Jahrelang war dies die Möglichkeit für Unternehmen, wirtschaftsnahe Forschung mitzufinanzieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick in die USA oder Großbritannien. Dort stellen Alumni und andere Privatpersonen die wichtigste Fördergruppe dar, während der Anteil von Spenden aus der Wirtschaft bei unter 17 Prozent an den Spendeneinnahmen liegt, wie Stephan A. Jansen und Tome Sandevski in einem Fachbeitrag feststellen. „Deutsche Hochschulen fokussieren ihre Fundraising-Bemühungen dagegen auf Unternehmen und vernachlässigen die Gruppe der Alumni und Privatpersonen. Auch im Zusammenhang mit der Einführung des Deutschlandstipendiums durch die Bundesregierung und Medien entstand der Eindruck, dass die meisten Stipendien von Unternehmen gestiftet werden sollten.“

Die Kritik an dieser Wirtschaftsnähe ist nicht neu. Forschung und Lehre soll frei sein. Das führt im Hochschulfundraising teilweise sogar zu einer Anweisung wie an der FU-Berlin, wo Spenderinnen und Spender in einem Formular erklären müssen, dass ihre Spende zweckfrei ist. Dabei haben sehr viele Hochschulen mittlerweile Corporate Governance Codes, in denen zum Beispiel festgelegt ist, dass Geld für die Stiftungsprofessur angenommen werden kann, aber die Berufungskommission das alleinige Recht hat, den Professor dafür zu benennen. Dass diese Trennung nicht jedem Unternehmen schmeckt, merkt man besonders beim Deutschlandstipendium. Aus Unternehmenssicht ist es schwer nachzuvollziehen, dass man als Tech-Gigant einen Geschichtsstudenten fördern soll. Auch hier haben auch Spenderinnen und Spender ihre Vorlieben. Und natürlich spekulieren sie auch auf dankbaren High-Potential-Nachwuchs. Aber mit Menschen kann man reden und verhandeln. Bei Fördermittelprogrammen und Stiftungen zählt nur der Antrag.

Weiterbildung Hochschulfundraising

Hochschulen müssen sich klar werden, dass Beziehungsmanagement deshalb auch Strukturen und Personal braucht. Einen Beitrag dazu leistet auch die Fundraising Akademie. Nicht nur mit dem ersten gemeinsamen Master-Studiengang „Fundraising-Management und Philanthropie (M.A.)“ mit der Hochschule am Rhein in Ludwigshafen sondern auch mit regelmäßigem Fortbildung „Referent*in Hochschulfundraising“ gemeinsam mit der Westfälischen-Universität Münster. Start ist am 15. November 2021. Das Angebot umfasst u. a. auch die Themen Deutschlandstipendium, Stiftungs- und Großspendenfundraising, Unternehmenskooperationen, Netzwerkmanagement sowie den Einsatz von Social Media in der Online-Kommunikation. Anmeldeschluss ist der 04. Oktober 2021.

Bildquellen

  • Goethe-Universität: Matthias Daberstiel
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