„Veränderung tut auch weh!“
Beate Haverkamp ist Gründerin und Inhaberin des Conversio-Instituts. Als erfahrene Managerin für Veränderung weiß sie um die Kraft von Kampagnen und die vielen Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg. Als Studienleiterin der Campaigning-School wird sie das ab Juni 2024 gemeinsam mit der Fundraising Akademie unterrichten.
Sie beschäftigen sich mit Organisationsentwicklung. Ist Veränderung in gemeinnützigen Strukturen schwieriger als in wirtschaftlichen?
Das glaube ich nicht. Veränderung ist einfach ein Prozess, der bestimmte Voraussetzungen braucht. Und meine Regel ist, je älter und je größer eine Organisation ist, desto langsamer bewegt sie sich. Für Veränderung muss man sich entscheiden und sich dann auf den Weg machen. Dabei gibt es im Laufe des Prozesses immer Reibungsflächen, auf die ich mich einstellen muss und mit denen ich umgehen muss. Führung ist dabei enorm wichtig, denn sonst wird Veränderung natürlich verhindert. Viele Veränderungen kommen ja eher von unten. Da gibt es dann auch Auseinandersetzungen und ein Ringen um den besten Weg. Das ist, glaube ich, immer so. Deswegen kommt es darauf an, wen man fragt, ob Veränderungen schwierig sind oder nicht.
Stichwort Reibung. Warum haben Sie sich gerade ein solches konfliktbeladenes Berufsfeld ausgesucht?
Ich finde es ganz spannend. Die Fragen, mit denen ich konfrontiert bin, sind ja: Wie kann Veränderung passieren und wie können Menschen dazu inspiriert werden, diesen Weg zu gehen und auch die Reibung auszuhalten? Ich sage immer, Veränderung tut auch weh, und diesen Schmerz muss ich auch ertragen wollen. Und eigentlich ist es ja sogar so, dass Veränderung immer passiert. Entweder, ich gestalte sie oder sie passiert mit mir. Und dass ich in die Lage komme, mit Organisationen und Teams das zu tun und den Mut zu haben, es selbst zu gestalten, finde ich großartig. Hier so zu intervenieren, dass Menschen diesen Mut haben, sich zu bewegen, gemeinsam etwas für sich zu entwickeln und dann in die Zukunft zu starten, die sie als wünschenswert erachten, das ist doch ein schönes Ziel.
Kampagnen sorgen für Veränderungen. Sie sind jetzt Studienleiterin der Campaigning School, einem Kooperationsprojekt der Fundraising Akademie mit German Watch und Protect the Planet. Was hat Sie an der Aufgabe gereizt?
Ich habe ganz hohen Respekt vor Menschen, die so mutig sind und Kampagnen fahren und sich dabei in die Öffentlichkeit stellen und sagen: ‘Ich prangere hier einen Missstand an, und das mache ich mit allem, was ich habe, mit mir als Person.’ Diese Menschen gehen hier ein hohes Risiko ein, um darauf aufmerksam zu machen. Das finde ich unglaublich. Und ich glaube, dass eben Veränderung auch nur mit solchen Menschen zustande kommt, die an manchen Stellen auch überziehen. Und Veränderung findet nur statt, wenn eine Grenze überschritten wird. Wenn immer alle in ihrem Rahmen bleiben, dann verändert sich nichts. Natürlich sind die Klimakleber oder die Fridays, die freitags nicht zur Schule gehen, unbequem. Aber ich denke: Würden die das nicht machen, dann nähmen wir die in unserer Komfortzone gar nicht wahr. Dass diese jungen Menschen sich dafür hergeben, das tun, sich beschimpfen lassen, sich sogar strafrechtlich verfolgen zu lassen und ein Risiko auf der Straße eingehen, das, finde ich, hat hohen Respekt verdient. Das mit der Campaigning-School zu begleiten hat mich gereizt. Diesen aktiven Menschen zu zeigen, wie man Kampagnen erfolgreich gestalten kann.
Was sind die Themen, die Sie dabei bearbeiten?
Die Campaigning-School bietet ein kompaktes Programm in drei Präsenzphasen. Hier lernt man, wie eine Kampagne aufgebaut, entwickelt und durchgeführt wird. Selbstverständlich auch Grundlagen: Wie entwickelt sich politischer Wandel? Was ist eine politische Kampagne? Und auch Handwerkszeug, wie zum Beispiel gutes Projektmanagement. Ganz wichtig ist, zu verstehen, was Kampagnen mit Organisationen machen. Es muss ja nach innen und nach außen funktionieren. Das ist schon wichtig, denn ich glaube, die Verführung ist ja da, wenn ich so mit Haut und Haar für eine Sache brenne, dass ich dann auch sehr impulsgesteuert bin und eher zum Schnellschuss neige. Aber wenn ich wirklich ein Ziel erreichen will, brauche ich hinter diesem unglaublichen Engagement einfach eine gute Strategie. Und das kommt in der Campaigning-School zusammen.
Gibt es Parallelen zum Fundraising?
Ja, beim Fundraising brenne ich auch für ein Thema und will dafür Menschen motivieren. Dafür brauche ich auch eine gute Strategie, die ans Marketing gekoppelt ist, die in der Öffentlichkeit eine Resonanz findet und so Spenderinnen und Spender begeistert.
Wer sollte sich denn für den Kurs einschreiben? Was für Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten Sie?
Ich finde es als Ergänzung für Fundraiser toll, weil es noch mal eine andere Denke ist, wie ich einfach Menschen gewinnen kann, etwas zu tun oder wie ich auch auf ein Thema setzen kann, das Unterstützung braucht. Kampagnen verbinden PR, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Fundraising. Das Ziel ist dabei immer eine Mobilisierung, um eine Veränderung herbeizuführen. Im Fundraising sammle ich dafür Geld, bei Kampagnen geht es aber auch darum, eine Meinung, sogar Einstellungen zu ändern. Auch die aktuelle politische Debatte ist davon geprägt. Die Menschen, die jetzt auf der Straße stehen, wollen ihre demokratische Grundordnung einfach retten und sie nicht der AfD und ihren wenigen Lautsprechern überlassen. Das Thema ist gerade durch den Einsatz und die Kraft von Social Media so aktuell wie noch nie.
Das heißt auch, dass man mit diesem Abschluss dann in verschiedenen Organisationen arbeiten kann. Also nicht nur bei Greenpeace?
Genauso ist das. Wir hatten im letzten Kurs ganz unterschiedliche Organisationen dabei. Große und kleine Wohlfahrtsverbände, sogar jemanden aus einer Kirchengemeinde. Es waren aber auch die dabei, die bereits Kampagnen machen. Aus dem Tierschutz und Klimaschutz zum Beispiel. Gut war die bunte Mischung, auch vom Alter her. Das sorgte für spannenden Gedankenaustausch, weil unterschiedliche Erfahrungshorizonte und Herangehensweisen diskutiert wurden.
Und wann geht es los?
Kursstart ist am 24. Juni in Berlin. Eine Anmeldung ist über die Website der Campaigning-School bereits möglich.
Und wer ist dabei?
Ich freue mich bereits wieder auf wirklich tolle Leute, die mit Engagement und Elan Probleme angehen. Dafür werden auch wieder unglaublich gute Dozenten von bekannten Organisationen sorgen. Wenn die anfangen, von ihren Erfahrungen zu erzählen, ist das sehr wertvoll. Da habe ich auch persönlich unheimlich viel davon. Das ist einfach klasse, diese Menschen zu erleben. Sie zeigen, wie man aus vielen Missständen, die man sich dauernd angucken muss, eine positive Energie ziehen kann, um eine Kampagne zu kreieren und echte Veränderung anzustoßen. Das ist motivierend und grandios!
Bildquellen
- Beate Haverkamp: Uwe Ernst