„Diverse Führung ist erfolgreicher!“
Monika Glöcklhofer (57) hat schon viele Stationen im Fundraising erlebt, ob in Agenturen oder in Organisationen. Seit neun Monaten leitet sie die Fundraisingabteilung von Kolping International. Wir sprachen mit der erfahrenen Fundraiserin über Frauen in Führung, ihr Ehrenamt als Vorständin im Alumniverein der Fundraising Akademie und Größenwahn.
NGO-Dialog: Wie war Ihre erste Begegnung mit dem Thema Fundraising?
Monika Glöcklhofer: Also, das ist bestimmt schon 30 Jahre her. Ich hatte für Care gespendet und hatte eine Frage dazu. Ich bekam eine sehr freundliche Antwort. Da hat sich mir zwar als Berufsbild noch nicht erschlossen, aber ich merkte, dass es da Menschen gibt, die solche tollen Dinge machen.
NGO-Dialog: Da war aber noch nicht der Wunsch, in dem Bereich zu arbeiten?
Monika Glöcklhofer: Das kam später, als ich mich beruflich neu orientierte. Ich hatte 20 Jahre bei der „Emma“ gearbeitet, und danach bei einer PR-Agentur. Da schrieb ich Texte über das deutsche Bier. Das fand ich super, weil es eben nicht täglich mit Sinnsuche und Weltverbesserung zu tun hatte. Auf Dauer hat mir das aber doch gefehlt, und ich bin beim Fundraising gelandet.
Frauenrechte sind heute viel selbstverständlicher
NGO-Dialog: 20 Jahre Emma ist aber auch interessant, da ist doch für die Frauen eine Menge bewegt worden, oder?
Monika Glöcklhofer: Das stimmt, das waren sehr spannende Jahre, und wenn ich heute sehe, was wir alles verändert haben, ist das schon spektakulär. Gerade wenn ich mit jüngeren Frauen spreche, fällt mir das immer wieder auf. Die sind ganz erstaunt, dass beispielsweise Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 strafbar ist, oder dass Männer ihren Frauen noch 1977 den Job kündigen konnten, wenn sie der Meinung waren, dass sie damit ihre Haushaltspflichten vernachlässigt. Das hört sich heute an, als käme es von einem anderen Stern.
NGO-Dialog: Was machen Sie heute?
Monika Glöcklhofer: Ich arbeite seit gut einem halben Jahr für Kolping International und leite dort die Fundraisingabteilung. Insgesamt sind wir zu fünft und rocken da das Fundraising. Für mich das erste Mal, dass ich in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig bin mit richtig spannenden und tollen Spenderinnen und Spendern.
NGO-Dialog: Das heißt, die Spenderinnen und Spender lassen Sie auch jetzt nicht im Stich, sondern bleiben Ihnen treu.
Monika Glöcklhofer:Ja. Wir haben gerade zwei erfolgreiche Spendenmailings durchgeführt. Das erste zur Heuschreckenplage in Ostafrika. Das war vor zweieinhalb Monaten, als Corona bei uns gerade anfing. Da hatte ich richtig Sorge, ob ich mit dem Mailing baden gehe. Ich habe mich auch gefragt, ob das nicht impertinent ist, jetzt zu bitten, da die Menschen Sorgen für ihr eigenes Leben haben. Doch das Gegenteil war der Fall. Wir haben mehr als doppelt so viel Spenden bekommen wie bei einem normalen Mailing. Auch die Durchschnittsspende war viel höher. Ich habe in Gesprächen oft gehört, die Menschen haben realisiert, dass es ihnen im Gegensatz zu vielen anderen einfach gut geht. Und diese Dankbarkeit lässt sie dann sogar mehr spenden. Das höre ich auch von anderen Organisationen in der humanitären Hilfe. Von 30 bis 40 Prozent Mehreinnahmen ist da im Moment die Rede.
Von der Sinnsuche zur Fundraising Akademie
NGO-Dialog: Sie sind auch ehrenamtlich im Fundraising engagiert und leiten den Vorstand des Alumnivereins der Fundraising Akademie mit. Wie kamen Sie zur Akademie?
Monika Glöcklhofer: Ich bin Kurs 19! Alle die auf der Akademie waren, kennen ihren Kurs ja immer sehr genau. Ich bin bei meiner Sinnsuche, da war ich ungefähr 40, auf die Akademie gestoßen und habe mich für den zweijährigen berufsbegleitenden Kurs entschieden. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens! Die Akademie ist einfach eine tolle Einrichtung. Wegen des Vorstands im Alumniverein bin ich gefragt worden und jetzt anderthalb Jahre dabei. Das Schöne am Verein ist dieser sehr enge Netzwerkkreis. Alle, die dort eine Ausbildung gemacht oder an Kursen teilgenommen haben, sind für kleines Geld im Alumniverein dabei. Das lohnt sich wirklich.
NGO-Dialog: Was genau macht der Alumniverein?
Monika Glöcklhofer: Wir organisieren zweimal im Jahr das Alumnitreffen. Das Frühjahrstreffen haben wir coronabedingt auf nächstes Jahr verschoben und treffen uns dann in Dresden. Das zweite Treffen findet traditionsgemäß im September in Frankfurt zusammen mit der Mitgliederversammlung statt. Diesmal wird es richtig spannend, denn das Thema sind die Arbeitsbedingungen in Hilfsorganisationen. Von außen betrachtet denkt man ja, das ist heile Welt, aber die Realität sieht oft anders aus. Das sieht man auch daran, dass es eine hohe Fluktuation im Fundraisingbereich gibt. Das ist natürlich fatal, Fundraising ist ja Beziehungsarbeit und Beziehungen müssen wachsen können. Das ist ein sensibles Thema in unserer Branche, und im geschützten Rahmen des Alumnitreffens wird es sicherlich einen sehr offenen Austausch geben.
NGO-Dialog: Wie läuft denn dieser kollegiale Austausch im Alumniverein?
Monika Glöcklhofer: Das ist definitiv die Stärke des Vereins, weil der enge Austausch jederzeit möglich ist. Das liegt aber auch an Thomas Kreuzer, der es schafft, dieses wunderbare Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Da greift man schon schnell mal zum Hörer und ruft eine Kollegin an und bittet um eine Meinung zum Mailingtext oder um Hinweise zu Fundraisingmethoden. Das finde ich überhaupt an der Branche toll, dass wir einen so guten offenen kollegialen Austausch pflegen.
Wir brauche mehr Frauen in Führung
NGO-Dialog: Es gab ja auch gerade eine Studie, die aussagt, dass im NPO-Bereich viel zu wenige Frauen in Führungspositionen sind. Das muss Sie doch als ehemalige Emma-Mitarbeiterin fuchsen.
Monika Glöcklhofer: Natürlich fuchst mich das. Das fuchst mich als Frau, das fuchst mich als Feministin. Es ist leider nicht anders als in anderen Unternehmen auch. Dabei sind divers geführte Unternehmen erfolgreicher, dazu gibt es viele Studien. Da müsste dringend ein Umdenken stattfinden, das täte uns gut.
NGO-Dialog: Was wünschen Sie der Akademie für die Zukunft?
Monika Glöcklhofer: 20 Jahre sind schon eine lange Zeit. Ich hoffe, sie setzt diese Erfolgsgeschichte fort. Vielleicht mit noch etwas mehr politischem Gewicht. Es wäre toll, wenn die Tageschschau zu Katastrophen in der Welt immer auch eine Expertin der Fundraisingakademie befragt. Der Thomas geht natürlich auch. (lacht!)
NGO-Dialog: Also wieder ein Plädoyer für mehr Frauen.
Monika Glöcklhofer: Ja, da möchte ich einen Appell an alle Fundraiserinnen richten: Traut euch das zu! Ich erlebe das gerade selbst, wie spannend eine Leitungsfunktion ist, wie viel Freude es macht zu gestalten. Es gibt ein schönes Zitat der Schriftstellerin Irmtraud Morgner: „Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn“ Und ich glaube, um eine Führungsposition im Fundraising anzustreben, muss man nicht mal größenwahnsinnig sein.
Bildquellen
- Monika Glöcklhofer: privat