Welches soziale Netzwerk passt zu mir?

Gefühlt gründen sich auf der Welt täglich neue soziale Netzwerke. Doch welches ist für Fundraising und digitale Kommunikation von Vereinen und Stiftungen wirklich geeignet? Wir haben ein paar Klassiker und Aufsteiger unter die Lupe genommen.

Zunächst eine Grunderkenntnis, die immer wieder ignoriert wird: Jeder Kanal, jedes Netzwerk ist anders und folgt anderen Regeln. Um erfolgreich zu sein, müssen Organisationen immer zielgruppen- und plattformgerecht kommunizieren. Das ist einfach, wird aber oft vernachlässigt. So finden sich beispielsweise immer wieder Pressemeldungen in sozialen Netzwerken. Aber User sind keine Journalisten. Hier geht es um Unterhaltung, um Nähe, um sogenannte Insights, schlussendlich um echtes Community Building. Wenn Facebook und Co. mehr als „Freundeskreis“ gesehen werden würden, wäre das schon ein Fortschritt.

Reichweite ist ein Kriterium

Nun stellt sich aber die Frage: Wo soll man dabei sein? Eine Möglichkeit ist die Abschätzung der Reichweite der Netzwerke. YouTube hat sich aktuell wieder die Krone des beliebtesten Social-Media-Dienstes in Deutschland zurückerobert: Sieben von zehn Onlinern ab 16 Jahren nutzen aktuell Googles Do-it-yourself-Videoportal. Nur zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr – aber das reicht, um den Social-Media-Thron von WhatsApp zurückzuerobern. Der Marktanteil des Messengers aus dem Hause Zuckerberg liegt unverändert bei 69 Prozent. Auf dem dritten Rang folgt als Plattform der älteren User Facebook, das weiterhin von 60 Prozent genutzt wird. Während die „großen Drei“ damit weitgehend auf der Stelle treten, konnten die kleineren Dienste ihre Nutzergemeinden überdurchschnittlich ausbauen. Das zeigt der aktuelle Social-Media-Atlas 2021 der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna, für den 3.500 Internet-Nutzer repräsentativ befragt wurden.

Die beliebtesten Sozialen Medien der Deutschen

Das Social Media Universum ist enorm vielfältig und sehr dynamisch: Es werden regelmäßig neue Netzwerke entwickelt, während andere Netzwerke ein Nischen-Dasein fristen oder einfach wieder verschwinden. Regel Nummer 1: Nicht jeden Trend gleich mitgehen. Das kostet zu viel Zeit und Nerven. Non-Profit-Organisationen sind meist keine Early-Adopter. Dafür fehlt ihnen schlichtweg das Geld. Man kann sich auch heute noch bei Facebook oder Instagram anmelden, von anderen lernen und erfolgreich werden. Eile ist also nicht unbedingt sinnvoll.

TikTok wächst am stärksten

Am kräftigsten wuchs im vergangenen Jahr TikTok, das seinen Marktanteil um satte 16 Prozentpunkte auf jetzt 26 Prozent ausbauen konnte. Das verhilft dem chinesischen Musical.ly-Nachfolger zu einem großen Sprung nach vorn von Platz 14 auf Platz 8 der meistgenutzten sozialen Medien in Deutschland. Besonders erfolgreich spricht die Plattform für den Austausch von Mini-Videoclips junge Zielgruppen an: TikTok erreicht 55 Prozent der 16- bis 19-jährigen Internet-Nutzer und 57 Prozent im Alter zwischen 20 und 29 Jahren. Wenn also die zu erreichende Zielgruppe unter 30 ist, dann ist Tik-Tok der richtige Kanal. Denn gerade mal vier von hundert „Silver Surfern“ ab 60 Jahren nutzen die Clip-Plattform.

LinkedIn und Telegram legen kräftig zu

Mit je acht Prozentpunkten ebenfalls deutlich zulegen konnten LinkedIn und Telegram. Microsofts berufliches Netzwerk hatte es lange schwer, hierzulande richtig Fuß zu fassen – jetzt erreicht LinkedIn mit 24 Prozent fast jeden vierten deutschen Internet-Nutzer ab 16 Jahren. WhatsApp-Konkurrent Telegram haben inzwischen 21 Prozent der Onliner auf ihrem Handy. Das Netzwerk hat aber durch die dort oft anzutreffende sogenannte „Querdenkerszene“ einen schweren Stand im gemeinnützigen Bereich.

Die langjährigen Widersacher Instagram und Snapchat konnten beide ihr jeweiliges Stück vom Kuchen um sechs Prozentpunkte vergrößern. Im Vergleich der Nutzung liegt Instagram aber mit einem Marktanteil von 46 Prozent klar vorn auf Platz vier, währen es bei Snapchat mit 24 Prozent nur für Platz Zwölf reicht.

Datenschutz ist Ausschlusskriterium

Für viele Organisationen, besonders aus dem kirchlichen Bereich, sind soziale Netzwerke schwierig, weil sie nicht den hohen Datenschutzstandards genügen. Aber die Corona-Krise hat die harten Regeln deutlich aufgeweicht. Von einem „Quantensprung” spricht der Kommunikationschef des katholischen Erzbistums München und Freising, Bernhard Kellner, gegenüber dem Fachblatt Absatzwirtschaft. „Wir erreichen damit Menschen, die wir sonst wahrscheinlich nicht erreicht hätten. Das macht uns Hoffnung.”

Auch Pfarrer Philipp Werner geht das so. Er hat gemeinsam mit einem 17-Jährigen einen Youtube-Kanal eröffnet. „Wir sind hier auf etwas gestoßen, das uns offensichtlich ganz andere Menschen und Ansichten erschließen kann. Ich glaube, das ist ein gutes Werkzeug zur Evangelisierung.” Oder, wie Kellner sagt: „Petrus und Paulus wären auch bei Facebook und Twitter gewesen. Ganz sicher.”

Die beste Strategie, um in sozialen Netzwerken aktiv zu werden und die Reichweite zu nutzen, ist, sich zu entscheiden. Wenn ein Verein tolle Videos drehen und spannende Bilder produzieren kann sind Instagram und Youtube die besten Kanäle. Instagram hat Stärken auch bei der Einbeziehung von Testimonials und Influencern.

Facebook ist fundraisingaffin

Facebook bietet dagegen spannende Tools, um mit Zielgruppen nicht nur zu kommunizieren, sondern sie auch zu Spenden zu bewegen. Die Zielgruppe im größten weltweiten Netzwerk ist ganz klar über 30 Jahre alt und ist so auch im spendenfähigen Alter. Werbemöglichkeiten und ein-Klick-Spende machen Facebook zum Mittel der Wahl bei Peer-to-Peer-Spenden-Aktionen wie Anlassspenden oder anderen Spendenaktionen. Auch Charity-Streams sind möglich.

Die entscheidende Frage für die Social-Media-Auswahl ist: Wo kommuniziert die Zielgruppe des Vereins? Die andere Frage ist: Welche Zielgruppe soll erreicht werden. Hier braucht es zunächst Klarheit, bevor man sich entscheidet. Wenig sinnvoll ist es auch, in Netzwerke zu gehen, in denen man sich persönlich nicht wohlfühlt. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: es sein lassen oder eine andere Person mit der Netzwerkbetreuung beauftragen, denn digitale Kommunikation in sozialen Netzwerken braucht auch Zeit. Die Agentur Rheindigital empfielt deshalb: „Wenn Sie die Bespielung der Kanäle selber übernehmen wollen, sollten Sie Schritt für Schritt anfangen. Starten Sie erst mit einem oder maximal zwei Kanälen und etablieren Sie Ihre Marke dort, bevor Sie parallel auf acht Kanälen loslegen.“

Immer noch unklar, welcher Kanal der richtige ist? Dann hier ein letzter Tipp: Die Agentur socialsocial hat einen Kanal-O-Mat entwickelt. Einfach die dort gestellten Fragen beantworten, und am Ende spuckt die Website das passende Netzwerk aus. Ein bisschen eigene Überlegung, welche Strategie die richtige ist, braucht‘s dafür aber auch.


Bildquellen

  • Die beliebtesten Sozialen Medien der Deutschen: Social-Media-Atlas 2021
  • Social Media: pxhere.com
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