Bürgerstiftungen als Partner vor Ort

Seitdem die ersten Bürgerstiftungen gegründet wurden, hat sich das Modell durchgesetzt. Die neue Studie der Stiftung Aktive Bürgerschaft unterstreicht das mit beindrucken Zahlen bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland.

Bürgerstiftungen haben sich zu einem veritablen Teil des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland entwickelt. Das geht aus dem „Report Bürgerstiftungen: Fakten und Trends 2023” hervor, mit dem die Stiftung Aktive Bürgerschaft die zentralen Finanzkennzahlen der Bürgerstiftungen in Deutschland für die Jahre 2021 und 2022 erhoben hat. An der aktuellen Umfrage, die die Stiftung Aktive Bürgerschaft gemeinsam mit dem Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands veröffentlicht, haben sich Dreiviertel der Bürgerstiftungen beteiligt.

Bürgerstiftungen sind die Mitmach-Stiftungen

Mittlerweile engagieren sich rund 400.000 Menschen an 426 Orten mit Geld, Zeit und Ideen. Ein Viertel davon arbeitet ehrenamtlich in Gremien und Projekten mit, und über 300.000 Menschen haben gestiftet oder gespendet. Das Stiftungskapital aller Bürgerstiftungen liegt zurzeit bei 556 Millionen Euro. Ein Zuwachs zum letzten Report von 2021 von immerhin 53 Millionen Euro.

Für Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer und Mitglied im Vorstand der Stiftung Aktive Bürgerschaft, sind diese Zahlen ein Beleg dafür, „dass Bürgerstiftungen echte Mitmach-Stiftungen sind. Sie bieten Menschen und Institutionen eine nachhaltige Form der gesellschaftlichen Mitgestaltung, um regionale Herausforderungen gemeinsam zu lösen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.”

Fundraising enorm wichtig

Der Vorteil der Bürgerstiftungen liegt zweifelsohne in einer hohen Legitimität vor Ort und der Chance, ständig durch Zustiftungen wachsen zu können. Momentan verwalten Bürgerstiftungen bereits 905 Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen. Sie wirken langfristig und können gleichzeitig schnell Ressourcen und Hilfe für lokale Projekte bereitstellen, indem sie kontinuierlich Stiftungskapital aufbauen und Spenden einwerben. Damit sind sie nicht nur Partner für Projekte vor Ort, sondern auch für private Stifterinnen, Spender und Unternehmen.

Seit Gründung der ersten Bürgerstiftungen vor über 25 Jahren summiert sich die Fördersumme aller Bürgerstiftungen auf eine Viertelmilliarde Euro. Neben Erträgen aus dem Kapital ist dies den Spendeneinnahmen zu verdanken. Fundraising ist für die meisten Stiftungen deshalb enorm wichtig. Im Jahr 2022 hat die Fördersumme mit 29 Millionen Euro einen neuen Höchststand erreicht. Ulrike Reichart, Leiterin vom Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands, betont, dass es „in Bürgerstiftungen um den Aufbau des Stiftungskapitals, ebenso wie um den Aufbau von Engagementkapital geht, also die Investition in Menschen, die ihre Zeit der Projektarbeit der Bürgerstiftung zur Verfügung stellen. Es ist schön zu sehen, dass den Bürgerstiftungen beides gelingt!”

Wachstumsschere erkennbar

Trotz des Wachstums bestehender Stiftungen kommen in den letzten Jahren deutlich weniger Bürgerstiftungen dazu. Gerade einmal sechs Bürgerstiftungen wurden zwischen 2021 und 2023 gegründet, was sicher auch ein Ausdruck der Niedrigzinsphase ist. Bestehende Bürgerstiftungen sahen sich aber auch Herausforderungen gegenüber. Gerade die letzten Jahre mit zum Teil rückläufigem ehrenamtlichem Engagement, bürokratischen Belastungen, Niedrigzinsen oder der Corona-Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Unter diesen schwierigen Bedingungen gelingt nicht mehr allen Bürgerstiftungen ein gleichermaßen erfolgreiches Kapitalwachstum. Inzwischen verwalten die 100 größten Bürgerstiftungen, also 25 Prozent, über 80 Prozent des gesamten Stiftungskapitals der Bürgerstiftungen und gewinnen auch den Großteil der jährlichen Spenden.

Zu beobachten ist hier auch ein klares West-Ost-Gefälle. Die kapitalstärksten und meisten Bürgerstiftungen gibt es in NRW, Baden Württemberg und Niedersachsen. Die Bürgerstiftung Hamburg verfügt mit 66,7 Millionen Euro über fast dreimal so viel Kapital wie alle Bürgerstiftungen in den neuen Bundesländern zusammen. Ein Indiz für die fehlenden oder geringeren Erbschaften im Osten Deutschlands, nicht aber für fehlendes Engagement. Denn die Stiftungen dort gleichen, das fehlende Kapital durch mehr Fundraising, Ehrenamtlichkeit und Kreativität aus.

Solarenergieverkäufe als Rendite

Ein gutes Beispiel ist der Stiftungsfonds „Sonne und Wind 2009 unter dem Dach der Bürgerstiftung Dresden. Auf dem 1.100 Quadratmeter großen Flachdach der Laborschule in Stadtteil Gorbitz entstand durch die Stifter Verena und Hellmuth Leuterer ein Solarkraftwerk. Die Erträge aus den Stromverkäufen kommen den Projekten der Laborschule zugute.

Der erste Teil der Anlage ging bereits im Juni 2009 in Betrieb, der zweite im September 2010. Die Energiegewinnung ist so erfolgreich, dass die Laborschulanlage als Referenzprojekt für die dort verwendete Technik gilt. Der Stiftungsfonds war eine Initialzündung für eine Reihe anderer Dresdner, auf dem Schuldach und anderswo in die Energiewende und einen Bewusstseinswandel zu investieren.

Weitere Informationen zu Zahlen und Trends finden Sie unter: www.buergerstiftungen.org/zahlen-und-fakten

Bildquellen

  • Solar-Panel: pxhere.com
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