Mehr Spenden als gedacht

Das Deutsche Institut der Wirtschaft (DIW) in Berlin hat gemeinsam mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) das Spendenverhalten der Deutschen analysiert und kommt auf ein deutlich höheres Spendenvolumen als bisher bekannt. Im Jahr 2017 sollen fast zehn Milliarden und nicht nur fünf Milliarden Euro gespendet worden sein.

Basis der Untersuchung ist das Sozio-ökonomische Panel (SOEP), das zusammen mit dem Befragungsinstitut Kantar die Langzeitstudie SOEP erhebt. Erstmals erfasste die Befragung im Jahr 2010 das Spendenverhalten der Deutschen. Die Fragen zu Geldspenden wurden in den Jahren 2015 und 2018 wiederholt. Außerdem wurden ergänzend die aktuellen Ergebnisse aus der Datenbank des DZI herangezogen, um fundierte Schätzwerte für die Jahre zwischen und nach den jeweiligen SOEP-Berichtsjahren 2009, 2014 und 2017 ermitteln zu können.

Die Ergebnisse weichen erheblich von den Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung ab, die gemeinsam mit dem Deutschen Spendenrat herausgegeben werden. Wohl auch, weil die GFK-Zahlen bei 2.500 Euro Jahresspende gedeckelt werden. Wer mehr spendet, fällt aus deren Panel, um keine Verzerrung zuzulassen. Das Ergebnis ist eine deutlich höhere Entwicklung des festgestellten Spendenvolumens in Deutschland im Vergleich zur GFK. Es beläuft sich im Jahr 2017 laut der Bilanz des Helfens auf 5,2 Milliarden Euro und liegt damit 4,6 Milliarden Euro unter dem SOEP-Spendenvolumen von 9,8 Milliarden Euro. (Bild 1)

Spendenverhalten: Hohe Spendentätigkeit ermittelt

Nach dieser Studie haben immerhin 47 Prozent der Deutschen 2017 Geld gespendet. Die Anzahl der spendenden Deutschen ist dabei gleich geblieben, nachdem sie von 2009 auf 2014 um vier Prozentpunkte gestiegen war. Da gleichzeitig das Spendenvolumen wächst, hat auch diese Studie ergeben, dass weniger Menschen mehr spenden. Im Durchschnitt werden 300 Euro pro Jahr gespendet.

Innerhalb Deutschlands zeichnen sich immer noch große regionale Unterschiede ab. Während im Jahr 2017 in Westdeutschland rund 49 Prozent aller erwachsenen Personen spendeten, waren es in Ostdeutschland mit etwa 37 Prozent deutlich weniger. Im Durchschnitt war im Osten auch die gespendete Summe mit 163 Euro im Jahr niedriger. Gleichwohl hat sich sowohl in West- als auch in Ostdeutschland seit 2009 die Spendentätigkeit deutlich erhöht.

Soziodemografie spielt beim Spenden große Rolle

Auch andere bekannte Befunde bestätigt die Studie: So spenden Frauen öfter als Männer, diese dafür im Durchschnitt 100 Euro mehr als Frauen. Die Gruppe der 80-Jährigen und Älteren spendet mit durchschnittlich mehr als 400 Euro den höchsten Jahresbetrag. Differenziert nach religiöser Orientierung ergibt sich auch hier eine deutlich höhere Spendenquote von rund 51 Prozent aller Erwachsenen mit einer religiösen Bindung im Vergleich zu rund 37 Prozent bei Personen ohne religiöse Bindungen im Jahr 2014.

Wer mehr verdient, spendet auch mehr

Ein höheres Einkommen geht mit vermehrter Spendentätigkeit und tendenziell höheren Spenden einher. Höherer Wohlstand ermöglicht es, mehr Mittel für soziale und wohltätige Zwecke aufzubringen, ohne dabei selbst einen zu großen Verzicht leisten zu müssen, meint das DIW und erklärt das auch mit steuerlichen Anreizen. Denn bei hohen Einkommen würde die steuerliche Abzugsfähigkeit voll ausgeschöpft werden können. An dieser Stelle zeigt sich die Schwäche der Befragung, denn sie nimmt andere Spendenmotive nicht in den Blick.

Bezogen auf die Einkommensverhältnisse bildet das DIW sogenannte Dezile (Einkommensgruppen). Insgesamt wurde über die Jahre rund ein Drittel des deutschen Spendenvolumens vom obersten Dezil im Einkommensgefüge privater Haushalte aufgebracht (Bild 2). Die Steigerung des gesamten Spendenvolumens im Untersuchungszeitraum geht einher mit einer um sieben Prozentpunkte erhöhten Spendenquote bei Personen des obersten Einkommensdezils und einer rund 180 Euro höheren Spendensumme in dieser Gruppe. In den unteren drei Einkommensdezilen liegt die Spendenquote hingegen bei weniger als 35 Prozent. Im obersten Dezil sind es rund 69 Prozent. Das Spendenverhalten ist also eindeutig einkommensabhängig.

Nicht jede oder jeder spendet jedes Jahr

Spenderinnen und Spender sind offenbar unbeständig in ihren Spendenentscheidungen. Rund 40 Prozent hatten nur in einem oder zwei Jahren gespendet. Diese Gruppe ist für die Neuspendergewinnung wohl am geeignetsten, weil Sie sich bereits spendenbereit gezeigt hat. Insgesamt etwas mehr als 30 Prozent der Erwachsenen über 17 Jahren sind Nichtspender und -spenderinnen, während knapp 30 Prozent zur Gruppe der dauerhaft in den Jahren 2009, 2014 und 2017 spendenden Personen zählen. Die Gruppe der dauerhaft Spendenden hat im Durchschnitt deutlich höhere Summen aufgebracht. Die Wichtigkeit von nachhaltigem Fundraising und Investitionen in die Spenderbindung ist damit wieder bestätigt.

Unterschiedliche Methoden, verschiedene Ergebnisse
Unterschiedliche Methoden, verschiedene Ergebnisse
Höheres Einkommen führt zu mehr Spenden.
Höheres Einkommen führt zu mehr Spenden.
Regelmäßige Spender geben mehr.
Regelmäßige Spender geben mehr.

Bildquellen

  • BIld1-Studienvergleich: DIW Berlin 2020
  • BIld2-Einkommen-und-Spenden: DIW Berlin 2020
  • BIld3-Spender-Nichtspender: DIW Berlin 2020
  • Bild Geld: lena-balk-unsplash
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