Handyspenden vor dem Aus?

Das alte Smartphone spenden? Das war bisher eine gute Gelegenheit, umweltschonendes Verhalten und Spenden in Einklang zu bringen. Doch nun müssen die Organisationen diese Fundraising-Aktion aktuell pausieren lassen. Die Gründe sind vielschichtig.

Laut Branchenverband Bitcom liegen in Deutschland 200 Millionen Smartphones und Handys in den Schubladen. Auch die seit 2016 geltenden besseren Rückgabemöglichkeiten im Einzelhandel haben daran nichts geändert. Damals waren es geschätzt noch 100 Millionen Geräte.

Gute Idee – Alte Telefone spenden

In den letzten Jahren konnten viele Handys durch kreative Handysammelaktionen für den guten Zweck dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt werden. Denn ein solches Telefon steckt voller wertvoller Rohstoffe. Ganz weit vorn war die Telekom mit ihrem Handy-Sammelcenter, dass jeder Organisation diese Möglichkeit, für gebrauchte Telefone Spenden zu erhalten, eröffnete. Über 3,69 Millionen Geräte konnten so seit 2003 wiederverwertet werden. Der Partner für die Verwertung der Mobilgeräte, Foxway zahlt 50 Cent pro gesammeltem Gerät an die elf gemeinnützigen Organisationen aus, die im Handysammelcenter als Kooperationspartner registriert sind und gebrauchte Geräte sammeln. Missio, Pro Wildlife und der Zoo Frankfurt machten beispielsweise mit und stellten Sammelcontainer auf.

Versand gefährdet Handyspenden

Doch seit Ende des letzten Jahres ist alles anders. Der Naturschutzbund Deutschland, der seit Jahren mit Telefónica erfolgreich zusammenarbeitet, musste seine Spendenaktion aussetzen. Der Grund ist simpel. Die DHL und auch andere Versender haben strengere Regeln für den Versand von Lithium-Ionen-Akkus festgelegt. Es handelt sich nämlich um Gefahrgut. Der Versand wird dadurch aufwendig und teuer. Und umweltschädlicher! Alle Handys müssen einzeln in Plastiktüten verpackt und zusätzlich im Karton mit Füllmaterial ausgepolstert werden, was für den NABU ein umweltpolitisches No-Go darstellt.

Deshalb arbeitet man jetzt an einem neuen Konzept: „Wir sind uns mit Telefónica einig, dass wir die Aktion fortführen möchten. Es wird ein neues, gefahrgutkonformes Konzept erarbeitet. Leider wissen wir aber noch nicht im Detail, wann und auf welche Weise es weiter gehen wird. Aufgrund der großen logistischen Herausforderung, der wir gemeinsam mit Telefónica ausgesetzt sind, wird dieser Prozess wohl noch etwas Zeit in Anspruch nehmen“, vertröstet Sabine Lemke, Projektmanagerin Unternehmenskooperationen des NABU.

Verklebte Akkus sind ein Problem

Und die Alternativen? Eigentlich könnte man ja Handys auch ohne Akku versenden. So ist es aktuell auch bei der Telekom noch möglich. Aber das Problem besteht darin, dass viele Akkus, gerade in neueren Geräten, verklebt sind und nicht so einfach entfernt werden können. Die EU wollte letztes Jahr durchsetzen, das Smartphones mit wechselbaren Akkus ausgestattet werden, um die Langlebigkeit der Geräte zu erhöhen. Doch sie torpedierte das selbst, indem sie eine Ausnahmeregel schaffte, nach der besonders langlebige Akkus weiterhin verklebt werden dürfen. Gut für die Gerätehersteller, schlecht für die Umwelt. Denn die Hersteller setzen deshalb lieber auf Klebstoff als auf Recycling.

Dabei schlummert in diesen Altgeräten bares Geld. Rund drei Tonnen Gold, 20 Tonnen Silber, 1.300 Tonnen Kupfer sowie rund 0,5 Tonnen Platin und Palladium stecken in den ungenutzten „Schubladen-Handys“ in Deutschland, so das Hessische Umweltministerium. Allein die drei Tonnen Gold wären aktuell 177 Millionen Euro wert.

Selbst zum Recycling bringen

Denkbar sind Handyspenden-Aktionen deshalb aktuell nur, wenn es regionale Recycling-Unternehmen gibt, zu welchen man den Handy-Schrott vor Ort bringen kann. Versand scheidet aus. Bezahlt wird dann nach Kilo. Aktuell zwischen 3 bis 8 Euro pro Kilo. Handys mit Akkus scheiden aber auch hier meist aus. Bei Schrott24.de findet man 80 Annahmestellen deutschlandweit. Cartridge-Space.de ist einer der wenigen Betriebe, wohin man aktuell noch gesammelte Handys ab drei Kilogramm Gesamtgewicht per Post senden kann.

Gut, wenn man einen Recyclingbetrieb im eigenen Betrieb hat, wie die Weißer Rabe soziale Betriebe und Dienste GmbH. Ein Betrieb, der mit den gesammelten Handys in einem gemeinnützigen Inklusionsbetrieb sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Menschen mit Einschränkungen sichert. Da dort die Geräte dezentral gesammelt und von den Mitarbeitern abgeholt werden, sind hier Handyspenden weiter möglich.

Selbst verkaufen?

Eine weitere Möglichkeit ist es, neuere Handys an solche Refurbishment-Händler direkt zu verkaufen. Auch bei der Telekom werden nicht alle eingesammelten Geräte recycelt, sondern 10-15 Prozent der Geräte können weiter genutzt werden und kommen in den Second-Hand-Handel. Die weitere Nutzung verbessert die Ökobilanz der Geräte deutlich und ist nachhaltiger als das Recycling. Dieser Weg steht auch gemeinnützigen Organisationen offen, die Handyspenden so selbst verwerten. Der Aufwand ist aber erheblich.

Der Sportclub ALBA Berlin hat deshalb am 3. Dezember seine eigene Sammelaktion gemeinsam mit dem Refurbishment-Unternehmen Interzero Product Cycle GmbH gestartet. Bei Heimspielen in der Basketball-Bundesliga werden die Handys in Sammelbehältern angenommen. Nur was nicht mehr zu gebrauchen ist, kommt ins Recycling. Alle Erlöse fließen in die gemeinnützige Nachwuchsförderung der ALBA JUGEND.

Handyspenden wird es also weiter geben können. Die Voraussetzungen haben sich aber deutlich verschlechtert. Spontan eine Handy-Sammlung für den guten Zweck umzusetzen, will gut überlegt sein.

Bildquellen

  • Handysammelaktion bei Alba Berlin: Interzero

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