Die Relevanz von Institutional Readiness

Im Frühjahr 2021 hat Marc Daniel Kretzer, der Absolvent der Fundraising Akademie ist, eine Befragung zum Thema Institutional Readiness durchgeführt. Die Studie brachte einige Anregungen für die Fundraising-Praxis.

Auch die Fundraising Akademie hatte zu einer Teilnahme an der Studie ihres Absolventen Marc Daniel Kretzer aufgerufen. Beteiligt haben sich 1.111 Fundraiser*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und aus allen Bereichen der Zivilgesellschaft. Seine Studie ist jetzt im Springer Gabler-Verlag erschienen, und er hier gibt als Gastautor einen Überblick über die Ergebnisse.

Hohe Arbeitszufriedenheit

Sowohl die Arbeitszufriedenheit als auch die Einschätzung der Institutional Readiness (IR) in den jeweiligen Organisationen fielen unerwartet gut aus: Über 91 Prozent der Befragten gaben an, eher zufrieden, zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein. Auch die Institutional Readiness bekommt ein gutes Zeugnis: Fast 70 Prozent der Befragten schätzen die Bereitschaft für Fundrasing in ihrer Organisation im Großen und Ganzen als (eher) gut ein.

Beim Fundraising-Beruf handelt es sich im Gegensatz zum gelegentlich negativen öffentlichen Image um einen sehr erfüllenden und sinnstiftenden Beruf, der mit vielen Lern-, Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten und mit sehr hoher Arbeitsidentifikation einhergeht und mit viel Wertschätzung durch die Vorgesetzten, mit vielen Freiheiten und mit der starken Gewissheit verbunden ist, einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Arbeitszufriedenheit - Diagramm 1

Baustellen der Institutional Readiness

Trotzdem gibt es Schwachstellen und Wachstumsbereiche. Die drei größten Institutional-Readiness-Baustellen: Fundraising-Personalknappheit, Digitalisierung und Strategie.

In einer offen gestellten Frage wurden die Fundraiserinnen und Fundraiser gebeten anzugeben, wo sie die größten Schwachstellen im Bereich von Institutional Readiness sehen.

Das Ranking der häufigsten Schwachstellen aus Fundraising-Sicht:

1.            Fundraising-Personalressourcen

2.            Digitalisierung

3.            Klarheit über die strategische Ausrichtung und Ziele der Organisation

Es ließ sich außerdem ein breites Feld an Themen ablesen, die aus Sicht der Befragten in den Bereich Institutional Readiness fallen. Da geht es um

•             Prozesse, Strukturen, Zuordnungen,

•             die Stellung von Fundraising im Organigramm und die Zusammenarbeit von Abteilungen

•             die Rolle und das Führungsverhalten der haupt- und ehrenamtlichen Führungskräfte

•             Budgets und Entscheidungsspielräume

•             Fundraising-Kompetenz und Verständnis für Fundraising-Notwendigkeiten innerhalb der Organisation

•             Grundlagen wie ethische Rahmenrichtlinien und einen ‚Case for support‘

Mehr als 11 Prozent regten übrigens an, dass Fundraising-Hauptverantwortliche in Fundraising-Angelegenheiten ein echtes Vetorecht gegenüber der Geschäftsführung haben sollten.

Schlechte IR sorgt für Kündigung

Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten. Trotz der unerwartet guten IR-Einschätzung der meisten Fundraiser*innen zeigte sich, dass fast ein Viertel der Befragten schon einmal den Job wegen schlechter Institutional Readiness gewechselt hat, mehr als fünf Prozent sogar schon mehrfach. Und fast die Hälfte der Befragten überlegt mindestens gelegentlich ernsthaft, wegen schlechter Institutional Readiness zu kündigen.

Der derzeitige Fachkräftemangel floss auch in die Untersuchung mit ein. Die Auswertung zeigt, wie viel Fundraising-Personal für eine gute Personalausstattung nötig ist.

Einschätzung Institutional Readiness - Diagramm 2

Es hat sich gezeigt, dass in Organisationen, die sich fast vollständig durch Spenden finanzieren und in denen es aus Sicht der Befragten „voll und ganz“ genügend Fundraising-Personal gibt, das Verhältnis von Fundraiser*innen zu anderen Mitarbeitenden etwa 1:6 beträgt. Bei einem Verhältnis von 1:13 dagegen wurde die Personalausstattung als „überhaupt nicht ausreichend“ eingeschätzt. Diese sehr aggregierte Kennzahl kann wahrscheinlich nicht auf jede NPO angewandt werden, da die Verhältnisse jeweils sehr verschieden sind, aber einen gewissen Anhaltspunkt zur Einschätzung können sie vielleicht doch geben.

Investitionen lohnen sich

Obwohl 70 Prozent die IR ihrer Organisation als (eher) gut einschätzten, gaben ganze 80 Prozent der Befragten an, dass deutlich erfolgreicheres Fundraising möglich wäre, wenn die Institutional Readiness in der Organisation besser wäre. Es lohnt sich also in gute IR für Fundraising zu investieren!

Das sind keine Schutzbehauptungen inkompetenter oder fauler Fundraiser*innen. Dafür wären es zu viele Befragte, die sagen, dass deutlich erfolgreicheres Fundraising bei besserer Institutional Readiness möglich wäre und zugleich die IR ihrer Organisation bereits für (eher) gut halten (72 %). Für NPOs bedeutet das, dass es sich in jedem Fall lohnt, in gute Institutional Readiness zu investieren, selbst dann, wenn die Mitarbeitenden die Institutional-Readiness-Lage schon für ganz okay oder sogar recht gut halten.

Institutional Readiness und Fundraisingerfolg - Diagramm 3

Zur Person:

Marc Daniel Kretzer

Marc Daniel Kretzer (*1980) ist Leiter für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei der spendenfinanzierten Stiftung Marburger Medien und hat 2021 das berufsbegleitende Masterstudium „Fundraising-Management und Philanthropie“ abgeschlossen, das von der Fundraising-Akademie und der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen ausgerichtet wird. Die vorliegende Studie bildete die Abschlussarbeit und wurde mit dem Hochschulförderpreis der Familie Wagner ausgezeichnet. Aktuell absolviert Marc Daniel Kretzer ein berufsbegleitendes MBA-Studium Unternehmensführung an derselben Hochschule.

Die Studie:

Buchcover

Kretzer, Marc Daniel (2023): Fundraising und Institutional Readiness. Arbeitszufriedenheit, Führung und innerorganisationale Einflussmöglichkeiten von Fundraiser*innen. Wiesbaden: Springer Gabler. 188 Seiten. ISBN: 978-3-658-41841-0 (Print-Ausgabe: 69,99 Euro) ISBN: 978-3-658-41842-7 (Ebook: 54,99 Euro)

Bildquellen

  • Marc Daniel Kretzer: privat
  • Buchcover: PR
  • Start: pxhere.com
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