Soziale Netzwerke als Spendenbooster

Noch 2016 stellte Katharina Friedrichs, Wirtschaftspsychologin an der Ruhr-Universität Bochum, in ihrer Studie über die Spendenbereitschaft in sozialen Netzwerken fest, dass junge Erwachsende Spendenaufrufe dort als Eindringen in ihre Privatsphäre empfinden und negativ reagieren würden. Die neue Studie von Bitcom zeigt nun, dass sich hier etwas verändert hat.

Der Digitalverband Bitcom befragte von Mitte bis Ende März 2022 insgesamt 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren repräsentativ und stellte fest, dass Spenden durch soziale Medien durchaus angestoßen werden. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Menschen, die Geld spenden, erfahren mittlerweile über Aufrufe in sozialen Netzwerken von Spendenaktionen. Immerhin 24 Prozent folgen Spendenaufrufen von Organisationen und Unternehmen auf Facebook, Twitter und Co.

Freunde-Fundraising

Auch dass Freunde und Bekannte zum Spenden animieren, ist mittlerweile belegt. In der Befragung bestätigten 17 Prozent diesen Effekt. Freunde sorgen für Vertrauen und Sicherheit. Das ergab auch die eingangs zitiert Studie von Katharina Friedrich.

Immerhin neun Prozent nehmen sich die Appelle von Influencern zu Herzen. Das Internet ist dabei für die Jüngeren zwischen 16 und 29 Jahren die Top-Informationsquelle. 35 Prozent werden online auf Spendenaktionen aufmerksam. „Die Sammelbüchse hat ausgedient. Das Spendensammeln über soziale Netzwerke löst das herkömmliche Fundraising nach und nach ab“, kommentiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder sehr optimistisch. „Gerade jetzt, während des Ukraine-Kriegs, bringen soziale Medien Hilfegesuche und -angebote schnell und auf direktem Weg zueinander.“

Top: Werbung und Website

Eines bleibt aber auch im Internet gleich: Ohne Werbung funktioniert nichts. So stellte die Studie fest, dass lediglich vier Prozent der befragten Personen direkt auf Spendenplattformen wie betterplace.org oder gofundme.de gehen. Auf Internetseiten von Hilfsorganisationen informieren sich immerhin 17 Prozent derjenigen, die Geld spenden. Dagegen leisten mehr als ein Fünftel (22 Prozent) der Spenderinnen und Spender aufgrund von Online-Werbeanzeigen finanzielle Unterstützung, und 16 Prozent erfahren in Online-Newslettern von den Spendenaktionen. „Online-Werbung ist für Fundraising ein wichtiges Werkzeug, um Aufmerksamkeit zu generieren“, so Rohleder. Hilfsorganisationen müssten deshalb eine professionelle Onlinepräsenz aufbauen. „Dabei darf eine gut durchdachte SEO-Strategie nicht fehlen.“ Denn jede und jeder Achte (12 Prozent) sucht mithilfe von Suchmaschinen, wo sie oder er spenden kann.

Messenger ist keine Alternative

Weniger effektiv verbreiten sich Spendenaktionen über Messenger-Dienste. Nur acht Prozent werden per WhatsApp oder Telegram darauf aufmerksam. Sieben Prozent stoßen in Online-Beiträgen von Zeitungen oder Zeitschriften darauf, genau so viele erfahren in Online-Videos davon. Lediglich fünf Prozent spenden aufgrund von Spenden-Livestreams auf Plattformen wie Twitch oder YouTube. Überraschend ist, dass nur jeweils fünf Prozent aufgrund von Informationen per E-Mail spenden oder einen kleinen, zusätzlichen Betrag während eines Online-Bezahlvorgangs geben.

Hohe Spendenbereitschaft bei den Jüngeren

Ob Armut, Hochwasser oder Krieg: Insgesamt spendet die Mehrheit der Deutschen für solche Krisenfälle und andere wohltätige Projekte. So geben zwei Drittel an, in den vergangenen zwölf Monaten für einen guten Zweck Geld gespendet zu haben. Unter den Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren ist die Spendenbereitschaft mit 76 Prozent am höchsten. Bei den 50- bis 64-Jährigen sind es 67 Prozent und unter den 30- bis 49-Jährigen 58 Prozent. Im Gegensatz zu den Befragungen von GFK und Emnid steigt die Spendenbereitschaft bei den Jüngeren deutlich an: 63 Prozent der 16- bis 29-Jährigen gaben in der Befragung an, seit März 2021 gespendet zu haben. Hier spielt sicher die Hochwasserkatastrophe im Westen der Republik auch eine Rolle. Trotzdem ist sich Rohleder sicher: „Das Internet bietet insbesondere Jüngeren einen einfachen Zugang zu Spendenaktionen. Wohltätige Organisationen haben so die Chance, neue Zielgruppen für ihre Projekte zu gewinnen.“

Bildquellen

  • Social Media: Redpixel / AdobeStock
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