Lobbyarbeit – Viel Luft nach oben!

Patrick Tapp setzt sich als Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV) auch für die Belange von gemeinnützigen Organisationen ein. Matthias Daberstiel sprach mit ihm über Lobbyarbeit und wo bei Vereinen und Stiftungen noch Luft nach oben ist.

NGO-Dialog: Wie hat sich der Deutsche Dialogmarketing Verband in den letzten Jahren entwickelt?

Patrick Tapp: Ich glaube, dass sich unser Verband sehr dynamisch entwickelt hat. Wir befinden uns aber ständig vor neuen Herausforderungen. Das Thema Digitalisierung ist für uns als Verband, aber auch für die Mitgliedsunternehmen und Organisationen ein gutes Beispiel. Auch die Pandemie nötigt uns zusätzlich einiges ab. Was wir aber auch seit einigen Jahren sehen, ist eine sehr stark ausgeprägte politische Regulierungswut im Dialogmarketing. Nachdem die DSGVO ja nun ewig gebraucht hat, diskutieren wir gerade die Umsetzung der E-Privacy-Richtlinie oder das Gesetz für faire Verbraucherverträge. Alles Bereiche, die auch NGOs betreffen.

Sie haben auch NGOs und deren Dienstleister als Mitglieder. Was bieten sie denen an?

Ich glaube, wir müssen gerade aktuell sehr darauf achten, dass die Ausnahmetatbestände für NGOs in der E-Privacy-Richtlinie nicht gekippt werden. Zum Beispiel die Regelung, dass gemeinnützige Organisationen im Sinne des UWG §7 weiterhin um Spenden werben dürfen, weil sie eben keine geschäftliche Werbung betreiben. Aber im Großen und Ganzen unterscheidet sich das Sozialmarketing in seinen Instrumenten nicht vom Dialogmarketing. Für die NGOs sind wir als Verband deshalb auch offen und machen Lobbyarbeit. Die Privilegierung von NGOs ist ja im Sinne von uns allen und sollte weiter gestützt werden.

Gibt es da keine Irritationen, wenn Sie auch gemeinnützige Themen in der Bundespolitik ansprechen?

Es ist schon so, dass dem einen oder anderen Gesprächspartner aus Parlamenten oder dem Bundestag nicht klar ist, dass die Instrumente im Dialogmarketing für NGOs und Unternehmen die gleichen sind. Gemeinnützige Arbeit oder Fundraising wird schon oft so wahrgenommen, als würden sich da gutmeinende Menschen treffen, und dann fällt Geld vom Himmel, und es wird gespendet. Ich merke aber, dass, wenn Abgeordnete verstehen, wie das funktioniert, schon schnell klar wird, dass man Unternehmen und NGOs nicht über einen Kamm scheren kann.

Mit welchem Aufwand leisten Sie diese Lobbyarbeit?

Wenn Sie in Berlin als ernstzunehmender Verband gehört werden wollen, brauchen Sie auch fachlich hochqualifizierte Mitarbeiter, meistens Juristen, weil sich viele Fragen durch Gesetzgebungsverfahren ergeben. Und auch die entsprechende Organisation. Wir sitzen in Frankfurt, haben aber ein Hauptstadtbüro und gut ein Dutzend Mitarbeiter. Das kann ein Verband nur leisten, wenn er genügend Mitglieder hat und die entsprechenden Ressourcen dafür aufbringen kann. Als 70 Jahre alter Verband sind wir da durchaus in einer komfortablen Situation und haben uns einiges erarbeitet.

Lobbying hat aber auch nicht immer den besten Ruf.

Das ist richtig. Die landläufige Vorstellung ist, dass man da in dunklen Hinterzimmern sitzt und etwas auskungelt. So ist es aber nicht. Gerade bei thematisch spezifischen Fragen ist auch die Politik darauf angewiesen, sich ein solides Meinungsbild einzuholen. Es geht nicht um Manipulation, sondern um praktischen Sachverstand. Und auch um juristische Expertise. Beim Datenschutzrecht arbeiten wir beispielsweise mit Prof. Dr. Ulrich Wuermeling zusammen – der Datenschutzexperte in Deutschland. Und dann nutzen wir unsere Zugänge, um diese Themen auch zu setzen. Wir sprachen beispielsweise gerade mit dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, weil wir als Dialogmarketingverband in der Kontaktnachverfolgung oder Terminvereinbarung eine hohe Kompetenz haben. Da kommt man dann schon in einen konstruktiven Austausch.

NGOs müssen bessere Lobbyarbeit machen

Wie sehen Sie denn die Lobbyarbeit der NGOs?

Ich glaube, das hat noch viel Luft nach oben! Für die Organisationen im Großen, aber auch in der Fläche und vor Ort gibt es keinen gebündelten Ansprechpartner, der die sehr spezifischen Interessen dieser vielen Organisationen vertritt. Natürlich gibt es die großen Organisationen, die das über ihre Präsidien tun. Mir fehlt hier der Zusammenschluss. Der DDV kann zumindest in einigen Bereichen hier Unterstützung leisten.

Da haben Sie bei Ihren Mitgliedspreisen aber eher die großen Organisationen im Blick?

Das kommt etwas darauf an. Wenn Sie einen Mitgliedsbeitrag von 2.000 Euro im Jahr haben, können Sie beispielsweise über den Verband einen Anwalt einschalten, der Sie zu Datenschutzthemen berät. Es gibt da einige Services die dadurch abgedeckt werden, und wenn man das durchkalkuliert, ist der Betrag gar nicht so groß.

Was würden Sie sich denn von den NGOs wünschen?

Ich würde mir mehr Selbstbewusstsein wünschen. Ich würde mir wünschen, dass sie nicht nur um ihre Kompetenz und Größe wissen, sondern dies auch mit Gelassenheit und Souveränität präsent machen. Sie sind ein wesentlicher Teil der Gesellschaft, ohne die es hier nicht funktionieren würde. Und die Spanne reicht vom Katastrophenschutz bis zur Entwicklungszusammenarbeit. Die Politik lobt ja gerne den Einsatz der NGOs, aber das muss man dann auch nutzen und sich gegen weitere Einschränkungen im Fundraising und Dialogmarketing einsetzen. Denn ohne Einnahmen geht das nicht so weiter.

Aber dafür braucht es doch einen gemeinsamen Verband, oder?

Die großen Organisationen sind schon bereits hochkompetent besetzt und haben Strukturen vergleichbar mit Unternehmen. In der Mittelverwendung und der Transparenz sind sie sogar höchst vorbildlich! Sie erfüllen schon unglaublich viel von dem, was die Politik immer fordert. Sie könnten damit in der Öffentlichkeit ganz anders aus der Deckung kommen, sind dafür aber nicht gut genug organisiert und präsent, wie ich mir das eigentlich wünschen würde.

Die Non-Profit-Organisationen machen also zu wenig aus ihrem Kapital?

Ja. Überlegen Sie mal: Es geht ja nicht nur um die Spendengelder. Allein die ehrenamtliche Arbeit, die da volkswirtschaftlich geleistet wird. Wenn Unternehmensbereiche mit einem solchen Erfolg und einer solchen Kompetenz aufwarten würden, könnten die in Berlin ganz anders auftrumpfen. Im Fundraising ist diese Idee schon angekommen: Nicht nur Gutes tun, sondern in der Spenderkommunikation auch darüber zu reden. Dagegen scheint das in der politischen Kommunikation in der einen oder anderen Führungsetage der Organisationen noch nicht ganz angekommen zu sein.

Liegt es an der Heterogenität des Sektors?

Ich denke, es gibt schon einen gemeinsamen Nenner. Die Bedeutung der Gemeinnützigkeit für die Gesellschaft lässt sich thematisch nicht gegeneinander ausspielen. Das gilt für Tierschutz genauso wie für die Katastrophenhilfe oder die Wohlfahrt. Ich sehe da auch gar keine Konkurrenz, um nicht einen gemeinsamen Weg zu finden. Nicht nur in Fachfragen, sondern auch in politischen Fragen zusammenzuarbeiten, halte ich für möglich.

Bildquellen

  • Patrick Tapp: DDV / Oliver Rüther
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