Bundestagswahl 2025 – Das wird Vereinen und Stiftungen versprochen

Die Bundestagswahl kommt schnell, und der Wahlkampf beschränkt sich auf Schlagwörter. Ein Blick auf die Wahlprogramme zeigt große Unterschiede mit einem Spektrum von einem Staatsminister für Ehrenamt über Bürokarteientlastung bis zur bundesweiten Ehrenamtskarte.

Um die Wahlprogramme zu analysieren, wurden diese von den Websites der Parteien heruntergeladen und auf Schlagwörter wie Zivilgesellschaft, Ehrenamt, Vereine, Stiftungen und NGO untersucht. Dies sind die Ergebnisse für die aktuell in Wahlumfragen der in den Wahlumfragen führenden acht Parteien. Die Zitate stammen aus den jeweiligen Wahlprogrammen. Die Reihenfolge ist nach der ZDF-Sonntagswahlumfrage festgelegt.

CDU/CSU – Konservative Konzepte und Drohungen

Vertraut wirkt es schon, wenn die Union verspricht, wieder die Übungsleiter und Ehrenamtspauschalen „spürbar“ zu erhöhen. Das macht sie in jedem Bundestagswahlkampf seit 1990. Neuer ist, dass sich die beiden Schwesterparteien um Entbürokratisierung des Vereinssektors bemühen wollen: So sollen notarielle Beglaubigung von Anträgen auf Satzungsänderung oder Vorstandswechsel entfallen. Genehmigungen und Auflagen für öffentliche Veranstaltungen sollen einfacher gemacht werden und Datenschutzbeauftragte für Vereine nicht mehr bestellt werden müssen. Erstmals soll es einen „Staatsminister für Sport und Ehrenamt“ im Bundeskanzleramt geben.

Als Partner sieht die CDU/CSU das Ehrenamt im Sport, bei der Einsamkeitsbekämpfung und bei der Beratung zu Familienfragen. Als Gegner offenbar aber auch. Im CSU-Programm steht: „Alle Förderungen von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) durch die Bundesregierung auf den Prüfstand stellen. Keine Finanzierung linker Vorfeldorganisationen durch Steuermittel.“ Und weiter heißt es: „Wir wehren uns gegen den ideologischen Umbau unserer Gesellschaft.“ Erst kürzlich hatte Bayerns CSU-Chef Söder gegen Non-Profit-Organisationen ausgeteilt und kolportiert, sie hätten „mehr Macht als Politiker“.

Deutlicher wird man bei Geboten und Verboten auch bei der CDU. Sie setzt „perspektivisch auf ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr“ und will das mit der aufwachsenden Wehrpflicht zusammendenken. Außerdem sollen „zivilgesellschaftliche Organisationen, die vom Bund gefördert werden, künftig ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zum Existenzrecht Israels abgeben.“

Interessant ist folgender Satz im CDU-Programm: „Zudem setzen wir mehr Anreize für private Gelder und Spenden und erleichtern den Zugang zu öffentlicher Förderung“. Wie das allerdings konkret aussehen soll, ist nicht im Programm erläutert und wurde auf Presseanfrage nicht erklärt. Die CSU will eine Bundestiftung mit Beteiligung von Bayern und der Stadt Nürnberg zum „dauerhaften Erhalt und Betrieb der Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg als Erinnerungsort von nationaler Bedeutung“.

AfD – NGO als Gegner

Die AfD hat auf Ihrem Parteitag in Riesa im Januar zwar ein Programm beschlossen, veröffentlicht ist es aber noch nicht. Der Leitantrag der Programmkommission der AfD zum Parteitag enthält aber durchaus bereits eine Argumentationslinie. Non-Profit-Organisationen wird mit Misstrauen begegnet. Die Partei unterstellt darin NGOs die „Meinungsfreiheit durch direkte Verbote oder Delegitimierung kritischer Meinungen einzuschränken“. Als Gegner in diesem Sinne benannt werden Faktenchecker oder Correctiv.

Sie möchte deshalb ihren Kritikern „jegliche Finanzierung“ entziehen. Correctiv hatte zum Beispiel 2024 die Remigrations-Konferenz mit AFD-Politikern in Berlin-Wannsee aufgedeckt. Deutlich wird die Ablehnung von NGOs auch daran, dass sie die Finanzierung aller von der Bundesregierung geförderten 500 Organisationen in Frage stellt „mit dem Ziel, unnötige und ideologiebasierte Ausgaben einzusparen.“ Auch die staatliche Förderung von NGOs im Bereich von Asylverfahren soll eingestellt werden. Die AfD sieht die NGOs als Grund für „Abschiebeverhinderung“.

Das Wort Ehrenamt kommt im Wahlantrag nur einmal vor, wenn es darum geht, junge Menschen durch Bildung „zur Mitwirkung in Staat und Ehrenamt zu befähigen“. Wie das aussehen soll, bleibt offen. Auch sprachlich wird deutlich, wie kritisch die AfD gegenüber der Zivilgesellschaft steht. So bezeichnet sie politiknahe NGOs als „Profiteure der derzeitigen Klimapolitik“. Auch sieht die Programmkommission der AfD in NGOs Akteure, die genauso wie der „Machtzuwachs global agierender Konzerne“ das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ aushöhlt. Auch ausländische NGOs sollen deshalb ihre Finanzierung offenlegen. Das dies nach dem Lobbygesetz für politiknah agierende, ausländische und inländische NGOs bereits Standard ist, wird hier ausgeblendet. Auch private Spenden an die Weltgesundheitsorganisation sieht die AfD kritisch.

Im Stiftungsbereich will die Partei besonders das Geld der parteinahen Stiftungen „radikal begrenzen“. Das verwundert nicht wirklich, wenn man weiß, dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. bisher von staatlichen Förderungen ausgeschlossen blieb. Wenn die AfD bei dieser Bundestagswahl zum dritten Mal in den Bundestag einzieht, könnte sie erneut Bundesmittel für ihre parteinahe Stiftung beantragen. Die Stiftung müsste dann aber nach neuer Gesetzgebung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv eintreten. Letzteres steht immerhin als Zweck bereits in der Satzung des Vereins.

Ein interessanter Satz findet sich beim Punkt Kulturförderung: „Projekte, Vereine und Stiftungen, die staatlich gefördert werden, müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.“ Gerade in dem Bereich stellt die AfD auf den ersten Blick kaum Forderungen, sondern bekennt sich zum Status quo.

SPD – eher vage

Die SPD will junge Leute nicht verpflichten, sondern den Bundesfreiwilligendienst ausbauen und dafür eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Finanzierung schaffen. Das „Taschengeld“ soll dabei so gestaltet werden, „dass auch Jugendliche aus einkommensärmeren Haushalten sich für einen Freiwilligendienst entscheiden können“. Das passt zum Ziel, das „Engagement in der Zivilgesellschaft“ als „eine wertvolle Erfahrung“ für Kinder und Jugendliche in die Bildung zu integrieren.

Für die SPD ist „eine lebendige Zivilgesellschaft das Rückgrat unserer Demokratie“. Deshalb will sie das Gemeinnützigkeitsrecht modernisieren, ohne zu sagen, was das konkret heißt. Das von der FDP in der Koalition abgelehnte Demokratiefördergesetz soll kommen, und auch das Ziel von mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungsleistungen (ODA-Quote) soll im Bundeshaushalt eingehalten werden. Etwas zynisch, nachdem es gerade unter einer SPD-Ministerin enorm eingekürzt wurde.

Ansonsten bleibt die SPD recht vage, wenn es um zivilgesellschaftliche Organisationen geht.

Bündnis 90/Die Grünen – Kooperation erwünscht

Die Grünen setzen als einzige aktuelle Koalitionspartei deutlich mehr auf Kooperation mit der Zivilgesellschaft, ob in der Klima-, Wirtschafts- oder Sozialpolitik. Überall sollen zivilgesellschaftliche Organisationen mitarbeiten und sich einbringen dürfen. Das Thema Zivilgesellschaft ist omnipräsent im Wahlprogramm vertreten.

„Das Fundament unserer Demokratie sind starke Institutionen und eine lebendige Zivilgesellschaft“, heißt es im Programm. Deshalb fordern auch Sie das Demokratiefördergesetz. Zusätzlich sollen zivilgesellschaftliche Organisationen „von überflüssiger Bürokratie“ entlastet werden. Die Partei will auch den Katalog gemeinnütziger Zwecke erweitern. Von E-Sport ist zwar im Programm nicht die Rede aber in Wahlvideos der Partei. Spannend ist das Bekenntnis, „dass gemeinnützige Zwecke auch durch Teilnahme an der politischen und öffentlichen Willensbildung verfolgt werden können und sich Organisationen gelegentlich auch außerhalb ihres gemeinnützigen Zwecks politisch äußern dürfen.“ Damit befindet man sich allerdings nur auf dem Pfad der aktuellen Rechtsprechung. Von einer gesetzlichen Regelung ist nicht die Rede.

Richtig spannend ist das Programm im Bereich der Engagement-Förderung. Geht es nach dem Grünen, kommt es zu einem Paradigmenwechsel: „Wenn für Ehrenämter Aufwandsentschädigungen gezahlt werden, sollen sie einheitlich pauschal steuerfrei sein.“ Das würde Übungsleiter und Ehrenamtspauschale ohne Grenzen bedeuten.

Geplante Maßnahmen sind weiterhin:

  • Einführung einer bundesweiten Engagement-Karte mit Ländern und Kommunen, um den Besuch von Schwimmbädern und Kultureinrichtungen oder die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu vergünstigen.
  • Ein Recht auf einen Freiwilligendienst, um alle daran teilhaben zu lassen und den „Bundesfreiwilligendienst ausreichend und verlässlich finanzieren“

BSW – kaum Konkretes

Die Partei von Sarah Wagenknecht bleibt beim Thema Zivilgesellschaft recht unkonkret. So heißt es: „Wir streben eine konstruktive Zusammenarbeit mit den religiösen, weltanschaulichen, kulturellen, sportlichen, sozialen, wissenschaftlichen, politischen, medialen oder anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren an, die dem Gemeinwohl dienen, zur Integration beitragen und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.“ Das Ehrenamt als „zentrale Säule unserer Gesellschaft“ soll künftig gezielter gefördert und unterstütz werden.

Konkret wird es nur beim Thema Sport. Der Bund soll allen Kindern das erste Jahr im Sportverein bezahlen, als Zuschuss von bis zu 150 Euro im Jahr. Die Partei sieht darin eine Förderung des Breitensports und der Vereine. Interessant ist, dass sich das BSW zum Verantwortungseigentum und damit auch zu Stiftungsunternehmen positiv bekennt. Ansonst kommt das Thema Zivilgesellschaft nicht im Programm vor.

FDP – mehr Digitales

„Funktionierende Demokratie braucht eine lebendige Zivilgesellschaft“, so steht es im Wahlprogramm der FDP. Auch hier steht Bürokratieentlastung an erster Stelle. So sollen „Vereine bei Haftungsrisiken und Bürokratie deutlich entlastet“ und Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten reduziert werden.

Interessant ist der Vorschlag, mittels eines zentralen digitalen Vereinslotsen durch alle Auflagen, Register- und Berichtspflichten zu führen. Steuer- und registerrechtliche Abläufe sollen dafür digitalisiert werden. Angesicht der praktischen Erfahrungen mit dem Transparenz-, dem Lobby- und Zuwendungsempfängerregister sind hier Zweifel durchaus berechtigt.

Um Deutschland sportlicher zu machen, sollen aus FDP-Sicht die Babyboomer ran. „Mit ihrer Erfahrung und Zeit können sie Sportangebote für Kinder, Jugendliche und Senioren ausbauen und die Vereinsarbeit beleben. Außerdem stärken wir die Zusammenarbeit zwischen Vereinen, Schulen, Unternehmen und sozialen Einrichtungen, um möglichst viele Menschen zu erreichen.“ Unklar bleibt, wie das erreicht werden soll.

Eine allgemeine Dienstpflicht, ein sogenanntes Gesellschaftsjahr und verwandte Konzepte, sehen die Freien Demokraten „als einen schweren Freiheitseingriff“. Ein solcher Pflichtdienst wird abgelehnt und stattdessen auf „attraktive und berufsvorbereitende Freiwilligendienste“ gesetzt.

Die Linke – überschaubares Interesse

Die Linke setzt besonders bei der Demokratiesicherung auf die Zivilgesellschaft und setzt sich ebenfalls für wirksames Demokratiefördergesetz ein, wo diese Initiativen „stärker unterstützt und langfristig finanziell abgesichert werden.“ Sie fordert außerdem: „Die „Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung muss umgehend beendet werden. Im Asylbereich sollen Wohlfahrtsverbände und Vereine eine unabhängige Asylverfahrensberatung durchführen.

Im Fokus der Linken sind Konzerne. Hier will sie die „Steuervermeidung über Stiftungen“ einschränken. Auch die Zusammenarbeit von Unternehmen, Stiftungen mit Hochschulen sehen die Linken kritisch. Deshalb fordern sie die „Verträge zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen oder Stiftungen“ offenzulegen.

Zum Thema Ehrenamt bleibt die Linke sprachlos. Beim Thema Spenden will sie das Parteispendenrecht grundlegend ändern. Abgeordnete sollen beispielsweise gar keine Spenden mehr annehmen dürfen. Auch Parteiensponsoring soll verboten sein und Parteispenden auf 25.000 Euro pro Person und Jahr gedeckelt werden.

Volt – sportbegeistert, divers und digital

Volt ist eine noch junge Partei, die aber bereits Erfolge bei Europawahlen verzeichnen konnte. Nun wollen sie auch in den Bundestag.

Sie sieht in zivilgesellschaftlichen Initiativen Partner zur „Aufklärung, Prävention und zum gesellschaftlichen Dialog“ und will sie deshalb langfristig unterstützten, um „junge Menschen frühzeitig für die Gefahren extremistischer Ideologien“ zu sensibilisieren. Auch in der Extremismus-Bekämpfung wird die Zivilgesellschaft als Partner gesehen. Dafür soll die Demokratieförderung gestärkt werden. Beim Thema Mitbestimmung sollen nach dem Konzept der runden Tische in den 90er Jahren in Ostdeutschland auch zivilgesellschaftliche Initiativen eine stärkere Rolle im politischen Diskurs spielen.

Hilfsangebote und Präventionsmaßnahmen für die LSBTQIA+-Comunnity sollen durch Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgebaut werden. Zivilgesellschaftliche Bildungsinitiativen zu FLINTA*-Themen (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen) sollen in Schulen und medizinische Studiengänge gehen und gefördert werden.

Auch Volt will mehr Bundesmittel für Sportvereine und ehrenamtliche Initiativen zur Verfügung stellen. Die Partei schlägt außerdem eine nationale Kampagne vor, um Mitglieder für Vereine zu gewinnen, insbesondere unter Kindern, Jugendlichen und sozial benachteiligten Gruppen. Außerdem soll eine digitale bundesweite Plattform, „Sportvereine, Übungsleitende sowie Sportbegeisterte“ vernetzen und Angebote noch besser verfügbar machen und vielfältiger gestalten.

Text und Recherche: Matthias Daberstiel

Bildquellen

  • Aktuelles: Arek Socha auf Pixabay

Ein Kommentar zu „Bundestagswahl 2025 – Das wird Vereinen und Stiftungen versprochen

  • 7. Februar 2025 um 14:41
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    Danke für die gute Zusammenfassung und Einordnung. Ich möchte gerne einige Aspekte ergänzen:

    Bündnis 90/Die Grünen schreiben bei Gemeinnützigkeit schon ausdrücklich von gesetzlicher Regelung: „Zudem erweitern wir den **Katalog gemeinnütziger Zwecke**. Wir werden zudem **gesetzlich klarstellen**, dass gemeinnützige Zwecke auch durch Teilnahme an der politischen und öffentlichen Willensbildung verfolgt werden können.“
    Zudem erwähnen sie E-Sport im finalen Beschluss schon: „Wir wollen, dass der E-Sport stärkere Beachtung findet **und als gemeinnützig anerkannt wird**.“ Interessanterweise schreiben sie zehn Seiten später so etwas wie: „Den Games-Standort Deutschland stärken wir mit einer steuerlichen Games-Förderung“

    Die Partei „Die Linke“ ist bei Gemeinnützigkeit eigentlich relativ konkret: „Wir brauchen eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts mit einer Klarstellung der als gemeinnützig anerkannten Zwecke. Die Mitwirkung an der politischen Willensbildung muss ausdrücklich möglich sein, ob zur Verfolgung eigener Zwecke oder darüber hinaus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.“

    Das AfD-Programm ist in der Beschlussfassung noch etwas schärfer geworden.

    Weitere Übersicht der Programme zu Zivilgesellschaft hier: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/gemeinnuetzigkeit-in-wahlprogrammen-2025/

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