„Fundraising ist nicht alles“
Johannes Bausch ist der neue stellvertretende Akademieleiter der Fundraising-Akademie. Wir sprachen mit ihm über die Anfänge im Fundraising, Herausforderungen für NGOs und seine Pläne für die Fundraising Akademie.
Du gehörst zu den Menschen, die schon sehr lange im Fundraising unterwegs sind. Wie bist du zu dem Thema gekommen?
Tatsächlich bin ich schon mit 16 Jahren mit der Sammeldose für das Deutsche Rote Kreuz von Haustür zu Haustür gegangen.
Wie waren denn da die Reaktionen an der Haustür?
Die waren echt klasse! Ja, ich hatte super Gespräche mit Erwachsenen. Ich glaube, es kam gut an, dass der jugendliche Johannes für einen guten Zweck sammelte und nicht die ehrenamtliche „Schwesternhelferin“. Das war, glaube ich, damals wirklich ein sehr gutes Pfund, das ich mitbrachte. Ich weiß nicht, ob das die Grundlage war, aber danach war ich über zehn Jahre lang im Rettungsdienst tätig. Ich war auch immer sozial engagiert. Studiert habe ich dann aber BWL mit Schwerpunkt Marketing und hatte nach vier Jahren im Profit-Marketing irgendwie eine Sinnkrise. Mein nächster Arbeitgeber wurde eher überraschend die UNO Flüchtlingshilfe, wo ich als Geschäftsführer sechs Jahre das Fundraising gestaltetet. Da war ich im Fundraising angekommen.
Das war 1995. Wie waren die Anfänge dort?
Ich war der erste und einzige hauptamtliche Mitarbeiter, und als ich gegangen bin, waren es fünf Mitarbeiter. Damals hat man von Fundraising noch gar nicht gesprochen. Da hieß der Fundraising-Verband noch Bundesarbeitsgemeinschaft für Sozialmarketing. Es gab auch nur zwei Bücher über Non-Profit-Marketing, eins von Bruno Fäh und eins von Philip Kotler.
Ich erinnere mich gern an diese tolle Arbeit. Aber ich wollte eben mehr als ‘nur’ etwas für Flüchtlinge tun und habe festgestellt: Es ist auch spannend, wenn man eine Fundraising-Agentur für viele Themen und Kunden gründet. Das habe ich dann über 20 Jahre lang auch betrieben.
Dein Erfahrungsschatz erstreckt sich aber nicht nur auf die Agenturarbeit?
Nein, ich war auch über elf Jahre im Vorstand des Fundraising-Verbandes und auch als Dozent bei der Fundraising-Akademie tätig. Als ich meine Agentur in treue Hände übergeben habe, habe ich sogar nochmal die Richtung gewechselt und acht Jahre Softwareprojekte und Digitalisierung im NGO-Bereich vorangebracht. Beruflich war ich also fast 30 Jahre in der Branche tätig. So habe ich eine ganz spannende Entwicklung im Fundraising in Deutschland begleiten dürfen.
Mit dieser Erfahrung, wie empfindest Du die Veränderungsbereitschaft von NGOs, gerade beim Thema Fundraising?
Ich glaube, das muss man etwas differenziert betrachten. Das eine ist die Institution, die sich definitiv langsamer ändert als die Personen, die dort Fundraising machen. Es hängt aber auch stark davon ab, ob die Person das in der Organisation auch vorantreibt. Man sieht ja auch, wenn Personen innerhalb der NGO-Szene von Tätigkeit zu Tätigkeit wechseln und ihr Wissen erweitern und auch einbringen. Bei Organisationen ist diese Entwicklung deutlich behäbiger. Fundraising wird immer noch zu isoliert betrachtet. Dabei muss es wirklich gelebt und institutionell verankert sein.
Hoffst du da auf Besserung?
In der letzten Zeit kann man wirklich sehen, dass NGOs merken, vielleicht aus der Notwendigkeit heraus, welchen Stellenwert Fundraising für die Organisation haben kann. Gerade jüngere Organisationen entwickeln sich da deutlich dynamischer. Und die behäbigen brauchen dann halt einfach die dreifache Zeit.
Wo siehst du den größten Handlungsbedarf, damit sich das schneller verändert?
Den sehe ich ganz klar in der Weiterbildung. Hier stelle ich eine Kluft zwischen dem Willen, gut ausgebildete Menschen einstellen zu wollen und den Budgets für Weiterbildung fest. Viele hinken häufig hinter ihrem eigenen Postulat der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens hinterher. Das hat natürlich häufig finanzielle Gründe. Die Größe der Organisation spielt auch eine Rolle und aus welchen Quellen sie schöpfen kann. Die Weiterbildung oder die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist halt nicht originär im Satzungszweck verankert.
Treibt der aktuelle Fachkräftemangel das Thema Weiterbildung an?
Ich kenne einige Organisationen, die nicht ohne Grund jetzt das dritte Jahr in Folge einen qualifizierten Fundraiser oder eine Fundraising-Leitung oder ähnliches suchen. Und das sind nicht gerade kleine Organisationen, die eventuell unattraktiv wären. Es braucht einen Bewusstseinswandel. Qualifiziertes Lernen und qualifizierte Fortbildung sind sehr wichtige Bausteine, fußen aber noch zu häufig auf persönlichem Engagement.
Muss sich auch die Weiterbildung für NGOs an der Stelle ein stückweit ändern?
Es war und ist das Bestreben der Fundraising Akademie, Trends zu erkennen und auch einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Insofern sich Trends dann wirklich als valide herausstellen und sich als Instrument oder als Vorgehen bewährt haben, macht es auch Sinn, diese in die entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung aufzunehmen. Die Weiterbildung wird sich aber sicher auch methodisch weiterentwickeln müssen.
Kommen wir damit zur Akademie: Welche Rolle nimmst du dort jetzt ein?
Offiziell bin ich stellvertretender Akademieleiter und möchte gemeinsam mit Thomas Kreuzer, der das Thema Fundraising in Deutschland maßgeblich prägt, neue Impulse geben. Verantwortlich bin ich für Marketing und Vertrieb.
Welche Aufgaben siehst du für dich?
Wir wollen die Zielgruppen erweitern. Die Fundraising Akademie wird nächstes Jahr 25 Jahre alt und hat sich hervorragend entwickelt. Und jetzt muss man überlegen, ob man auch auf neue Bereiche der NGO-Szene geht. Fundraising ist nicht alles. Es geht auch um Kommunikation, um Fördermittel, um Kooperationen mit Unternehmen und Stiftungen etc. Das Thema wird immer breiter und spricht damit auch andere Tätigkeitsfelder an.
Du hast es schon angesprochen: Nächstes Jahr wird die Fundraising Akademie 25 Jahre alt. Auf welche Feierlichkeiten und Veränderungen dürfen wir uns einrichten?
Wir werden das gebührend feiern, aber da will ich noch nicht zu viel verraten. Es wird auch in den Angeboten Veränderungen geben, insbesondere bei der Methodik und der Didaktik. Digitalisierung hat auch in der Weiterbildung einen Boost durch Corona bekommen, aber wir hören auch, dass die Präsenz sehr geschätzt wird. Hier gute Formate zu entwickeln, die Präsenz und digitale Angebote in einen gesunden Einklang mit dem zeitlichen Aufwand und der Flexibilität der Personen bringen, wird eine entscheidende Aufgabe sein. Das auch wirtschaftlich anzubieten, wird ein große Herausforderung, die wir 2025 angehen werden. Und das wird auch zu einer positiven Veränderung führen, die wir dann gut gemeinsam feiern können.
Bildquellen
- Johannes Bausch: privat