Warum sich Vereine auflösen: eine Analyse
Die Zahl der Vereine in Deutschland ist nach wie vor nur eine Schätzung. Aber warum Vereine sich auflösen, hat eine Studie des Maecenata-Instituts untersucht. Die Befunde zeigen eventuell gravierende Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft.
Gibt es ein Vereinssterben in Deutschland? Seit 2005 werden in Deutschland mit steigender Tendenz jährlich zwischen 8.000 und 9.000 Vereine aus den Vereinsregistern gelöscht. Doch was sind die Gründe und was ergibt sich daraus für die häufigste Form zivilgesellschaftlichen Engagements in Deutschland? Dieser Frage gingen Dr. Siri Hummel, Politikwissenschaftlerin und Direktorin des Maecenata Instituts, und Dr. sc. Eckhard Priller, Ökonom, Soziologe und Wissenschaftlicher Koordinator der Maecenata Stiftung in einer Analyse nach.
Anlass für die Studie war eine negative Entwicklung. Schon seit vielen Jahren übersteigen die Neugründungen an Vereinen die Löschungen nur noch knapp. Im Jahr 2021 lag der Überschuss nur noch bei 2.000 Vereinen. Das ist der geringste Wert seit 30 Jahren. Hat der Verein ausgedient? Das untersuchte man mit einer Befragung von 350 Vereinen, die sich in den letzten drei Jahren aus dem Vereinsregister hatten löschen lassen und einer Analyse der Daten aus den Vereinsregistern von über 1.000 gelöschten Vereinen. Schnell wurde deutlich, dass die Vereinslöschungen kaum etwas mit dem Thema der Organisation zu tun haben. Alle Themen waren bundesweit vertreten. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil bei den Vereinslöschungen in Relation zu den vorhandenen Vereinen war nur im Tätigkeitsfeld der Kultur festzustellen.
Junge Vereine sterben eher
Bei der Untersuchung der Altersstruktur wurde deutlich, dass es nicht zwangsläufig alte Vereine sind, die sich auflösen, sondern eher jüngere. 43 Prozent der Vereine waren erst 2011 oder später gegründet worden. Viele von ihnen waren auch eher vor Ort oder regional tätig.
Bezogen auf ihre Mitgliederzahlen handelte es sich bei den gelöschten Vereinen um recht kleine Organisationen. Bei einem Drittel lag die höchste jemals erreichte Mitgliederzahl bei unter zehn Personen, bei 44 Prozent wurde eine Mitgliederzahl zwischen 10 und 50 erreicht. Insgesamt geben drei Viertel der gelöschten Vereine nur eine maximale Größe von bis zu 50 Mitgliedern an. Der Rest der Vereine hatte mehr als 100 Mitglieder. Das entspricht auch der in Deutschland üblichen eher kleinteiligen Vereinsstruktur.
Mitgliedermangel ist Hauptproblem
Die Autoren leiten hieraus eine Negativspirale ab. Zu wenige Mitglieder bedeuten weniger Einnahmen und auch zu wenig Aktivität und Personen, die sich in Ämter wählen lassen. Hier besteht ein strukturelles Problem. Auch die Befragung der ehemaligen Ansprechpartner gelöschter Vereine ergab, dass fehlende Mitglieder die Hauptursache für die Auflösung waren. Sieben Prozent der Befragten gaben an, dass der Verein sein Ziel erfüllt hat. Das ist insbesondere bei Fördervereinen so, die sich speziell für Fundraising-aktionen gründen oder Organisationen wie beispielsweise die Freiwillige Feuerwehr unterstützen, die selbst keine Spenden sammeln dürfen.
Interessant ist aber, dass lediglich zehn Prozent angaben, das fehlende finanzielle und sachliche Ressourcen Gründe für die Auflösung waren. Dabei wird gerade darüber oft geklagt. Ein zu hoher Verwaltungs- bzw. Bürokratieaufwand wird von 12 Prozent der Befragten genannt. Insgesamt schlägt sich also das generelle Problem des Nachwuchsmangels als wesentliche Ursache für die Vereinsauflösung nieder. Wenn Vereine also überleben wollen, müssen sie in Mitgliedergewinnung und -bindung und Nachwuchsgewinnung investieren und sich dazu weiterbilden. Auch Vorstufen der Mitgliedschaft, wie Community-Building, Fundraising und freiwilliges Engagement sind überlebenswichtig für Vereine. Geht die Entwicklung so weiter, gibt es bald weniger Vereine in Deutschland.
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- GameOver: Gerd Altmann--Pixabay